Wird die Luftrettung in Fulda ausgeschrieben?
10.08.2015
Fulda (HES) :: “Möglichst billig statt Qualität? Luftrettungsstandort Fulda vor Ausschreibung – Behörden schweigen.“ Unter diesem reißerischen Titel erschien am 1. August im Onlinemagazin “Osthessen-News“ ein Artikel, der auf eine mögliche Ausschreibung des seit über 30 Jahren am Klinikum Fulda stationierten ADAC-Rettungshubschraubers “Christoph 28“ hinwies (siehe Weblink im Kontextbereich dieser News). Der Verfasser berief sich dabei auf Insider und deren Wissen.
Als potenzielle Betreiber genannt wurden neben der ADAC Luftrettung gGmbH aus München die DRF-Luftrettung mit Sitz in Filderstadt, die Firma Heli-Flight (gemeint war aber wohl die Johanniter-Luftrettung, für die Heli-Flight an den Standorten Gießen und Reichelsheim Fluggerät und Piloten stellt) sowie die Björn Steiger Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Stuttgart.Wenige Tage später konnte man in einigen osthessischen Zeitungen und Internetportalen sogar lesen, dass die Luftrettung als System und der Luftrettungsstandort Klinikum Fulda in Gefahr seien (siehe beispielsweise die News auf www.fuldainfo.de), falls die ADAC Luftrettung gGmbH den von ihr im April 1984 eröffneten Standort verlieren sollte. Landtagsabgeordnete kamen zu Wort, die sich beim zuständigen Regierungspräsidium in Gießen für den Fortbestand des Status Quo einsetzen wollten.
Das Regierungspräsidium Gießen, das hessenweit für die Luftrettung zuständig ist, wollte sich allerdings zu der detaillierten Anfrage der Osthessen-News nicht äußern.
Was sind die Fakten?
- Die Beauftragung der ADAC Luftrettung gGmbH endet zum 31.12.2015 (rth.info berichtete bereits).
- Die “Gelben Engel“ fliegen in Fulda nicht kostendeckend. Deshalb ist bereits seit Längerem ein Schiedsgerichtsverfahren gegen die Krankenkassen als Kostenträger anhängig.
- Die Johanniter-Luftrettung hat Interesse am Standort Fulda, da dieser in unmittelbarer Nähe zu ihren beiden Luftrettungsstandorten Gießen und Reichelsheim liegt.
- Die Björn-Steiger-Stiftung hat im Vorjahr angekündigt, sich an Ausschreibungen beteiligen zu wollen. Sie benötigt eigene Erfahrungen in der bundesdeutschen Luftrettung, um in der Volksrepublik China ein Luftrettungsnetz aufbauen zu können.
- Der Luftrettungsstandort Fulda muss jedoch überhaupt nicht EU-weit ausgeschrieben werden, da die von der Bundesrepublik Deutschland präferierte und von der EU-Kommission akzeptierte so genannte Bereichsausnahme auch für die Luftrettung als integralem Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst gilt.
Jetzt heißt es erst einmal abwarten, welchen Weg das Regierungspräsidium Gießen einschlagen wird. Dieser könnte richtungsweisend für die gesamtdeutsche Luftrettung sein. rth.info wird deshalb die Entwicklung in Osthessen auch weiterhin kritisch-konstruktiv begleiten.
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Von Beginn an ist die ADAC-Luftrettung Betreiber der Fuldaer Luftrettungsstation “Christoph 28“: Anfänglich flog eine gelbe BO 105, seit 2002 wird dort eine EC 135 eingesetzt
Foto: Jörn Fries
Anfang April 2014 feierte man im Hangar der Fuldaer Luftrettungsstation noch das 30-jährige Bestehen dieses Standorts
Foto: Jörn Fries
Die Johanniter-Luftrettung betreibt unweit von Fulda in Gießen und Reichelsheim je eine Luftrettungsstation (hier zu sehen der in Reichelsheim stationierte ITH “Christoph Mittelhessen“)
Foto: Jörn Fries
Die DRF-Luftrettung ist derzeit zwar nicht in Hessen vertreten, hat aber Stationen in den angrenzenden Bundesländern (unter anderen “Christoph 44“ in Göttingen, “Christoph 37“ in Nordhausen und “Christoph 60“ in Suhl)
Foto: Jörn Fries
Die Björn-Steiger-Stiftung hat keinerlei Expertise in der bundesdeutschen Luftrettung, ihr Name war aber bis ins Jahr 2009 auf den RTH und ITH der Deutschen Rettungsflugwacht e. V. präsent (hier eine der beiden 1996 in Dienst gestellten EC 135 als Chr.18)
Foto: Jörn Fries
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