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ITH Berlin abgestürzt

24.11.2002

Pritzwalk (BB) ::  Am 24.11.2002 stürzte am späten Abend im Brandenburgischen Landkreis Prignitz ein Intensiv-Transporthubschrauber (ITH) aus Berlin ab. Das schwere Unglück kostete den Kopiloten des ITH das Leben; die anderen drei Crew-Mitglieder an Bord überlebten den Crash schwer verletzt. Zudem starb der Patient, zu dem die Crew des ITH unterwegs war.

Nun Genaueres zu dem tragischen und schweren Zwischenfall: Der "ITH Berlin" war gegen 21:45h mit vier Besatzungsmitgliedern (Pilot, Kopilot, Rettungsassistentin und Notarzt) vom Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof gestartet (dort ist der ITH stationiert) und auf dem Weg zum Brandenburgischen Pritzwalk. Das Ziel war kurz nach 22:30h fast erreicht, und der ITH befand sich bereits im Landeanflug auf einen Segelflugplatz (dieser liegt etwa 2,5 km nördlich von Pritzwalk). Dort sollte der ITH einen Patienten an Bord nehmen und diesen in eine Potsdamer Klinik transportieren. Der Segelflugplatz war als Treffpunkt für den ITH und einen RTW ausgemacht worden, der den Patienten zu dieser Landefläche transportiert hatte. Die Übergabe des 70jährigen Patienten mit einem kritischen Aorta-Riss sollte unmittelbar nach der Landung des ITH erfolgen. Der ITH würde, so war es verabredet, den Patienten in eine Spezialklinik zu fliegen. Zum Zeitpunkt des Anfluges war es in der Region sehr neblig.

Während des Landeanfluges stürzte der ITH jedoch ab und zerschellte am Boden. Neuerdings haben einige Quellen jedoch auch berichtet, dass der Pilot den Night-VFR-Anflug aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse abgebrochen habe; bei diesem Manöver sei der ITH dann jedoch abgestürzt. Die Maschine brannte infolge des Aufpralls und eines Zündfunkens komplett aus.

Nach den Lösch- und Bergungsarbeiten durch die Flugplatzfeuerwehr und die örtliche Feuerwehr waren die drei schwer verletzten Mitglieder der ITH- Crew in nahe Krankenhäuser gebracht worden. Für den Kopiloten Detlef W. kam jede Hilfe zu spät. Der Patient musste nunmehr bodengebunden in das Spezialkrankenhaus gebracht werden. Aufgrund seines kritischen Zustandes war dies risikoreich, aber es gab keine bessere / sicherere Alternative. Leider verstarb der Patient während des Transportes an den Folgen seiner schweren Erkrankung. Ob der Patient überlebt hätte, wenn er mit dem ITH transportiert worden wäre, ist unklar. Bald nach Beendigung der Lösch-, Rettungs- und Bergungsarbeiten begann das Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung die Ermittlungen am Absturzort. Noch ist jedoch nichts Offizielles zur Unglücksursache zu erfahren gewesen - dies wird auch voraussichtlich noch einige Zeit dauern. Die Ermittlungen werden fortgesetzt. Es muss aber angenommen werden, dass der Unfall im Zusammenhang mit den Wetter- und Sichtverhältnissen stand.

Hintergrundinformationen:

Der "ITH Berlin" ist ein Hubschrauber vom Typ Bell 412 HP. Er wird von der HDM-Flugservice GmbH betrieben. Der ASB Berlin stellt die medizinische Besatzung. Der ITH wird durch die Leitstelle der Berliner Feuerwehr alarmiert und kann auch Nachtflüge bei IFR- Flugbedingungen übernehmen und fliegt standardmäßig mit vier Personen an Bord. Der "ITH Berlin" ist der einzige Rettungshubschrauber in Berlin mit einer Nachtfluggenehmigung. Mit einer Maschinenreichweite von ~700 km wird er in der Hauptsache für sekundäre, interklinische Verlegungsflüge von Patienten eingesetzt. Für die primäre Luftrettung ist die Bell 412 HP eigentlich etwas zu groß. Bei einer Nachforderung des ITH bei Nacht durch einen Notarzt kann jedoch auch ein nächtlicher Primäreinsatz übernommen werden. Dann geht es zumeist auf die Autobahnen rund um Berlin. Übrigens hat die Größe des ITH natürlich auch Vorteile. So ist das Ein- und Ausladen von Patienten sehr viel gefahrloser als bei kleineren Hubschraubermustern, da sich der Rotor in über 3,50m dreht. Zudem ist durch die extrem große Kabine die optimale Versorgung durch Notarzt und Rettungsassistenten jederzeit unter dem räumlichen Aspekt gewährleistet. Mehr zur Bell 412 haben wir auf einer entsprechenden Seite von rth.info zusammengefasst. Klicken Sie hier, um diese Seite zu laden.

Der seit dem 19.08.1993 auf dem Flughafen Tempelhof stationierte Hubschrauber vom Typ Bell 412 HP ist vierundzwanzig Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr für Einsätze bereit. Die HDM- Hubschrauber verfügen zusätzlich zur Standardausrüstung über die erwähnte IFR- Ausrüstung; außerdem über eine Autopilot- Funktion für Flüge über große Distanzen, ein Wetterradar, ein satellitengestütztes Kartenlesegerät (genannt "Moving Map") sowie GPS [durch Satelliten ermöglichtes, weltweites Navigationssystem], welches zusätzlich zum Autopiloten aktiviert werden kann. Die Kommunikation mit den Feuerwehr- und Rettungsdienst- Leitstellen wird über ein BOS- Funkgerät abgewickelt; für den Flugfunk stehen den Piloten zwei Flugfunkgeräte zur Verfügung. Außerdem sind zwei Handys an Bord. Die Notärzte, die auf dem ITH Dienst tun, sind Fachärzte aus der Anästhesie und kommen zumeist aus vier namhaften Berliner Spezialkliniken. Alle Rettungsassistenten sind zusätzlich zur Rettungsassistent Ausbildung auch noch Fachkrankenpfleger in der Intensivmedizin.

Ein Kondolenzbuch für die Opfer des Absturzes wurde auf www.helifotos.de eingerichtet.

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Ergänzung

Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung hat die eingeleiteten Ermittlungen abgeschlossen. Unter www.bfu-web.de können Sie sich die detaillierte Schilderung des Unglücks mit dem Abschlussbericht bei den "Bulletins" durchlesen. Für externe Inhalte übernimmt www.rth.info keine Haftung.

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Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

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