Kooperationsvertrag mit Bergwacht
02.12.2006
Das Luftrettungszentrum Bautzen ist nicht nur die östlichste aller Stationen im System der deutschen Luftrettung, Christoph 62 ist auch einer der 3 Rettungshubschrauber in Deutschland, die in der Berg- und Höhenrettung mit einem Bergetau arbeiten. Das Unternehmen Elbe-Helicopter GmbH & Co. KG, Betreiber von Christoph 62 am ostsächsischen Flugplatz Bautzen, arbeitet seit 2001 mit der Bergwacht des DRK Sachsen auf diesem Gebiet zusammen, also Grund genug um am 08. November im Beisein der Öffentlichkeit Bilanz zu ziehen, eine Neuheit in der Arbeit mit Bergetauen vorzustellen und mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages die Zusammenarbeit auf eine qualitativ höhere Stufe zu stellen.
Helmut Büschke, Geschäftsführer der Elbe-Helicopter, und Rüdiger Unger, Präsident des Vorstandes des Landesverbandes DRK Sachsen unterzeichnen im Hangar des LRZ Bautzen den Kooperationsvertrag
Foto: Uwe Mattuschka
- Anzeige -
Helmut Büschke, Geschäftsführer der Elbe-Helicopter GmbH & Co. KG blickte auf einer Pressekonferenz im Hangar des LRZ auf eine erfolgreiche fünfjährige Zusammenarbeit zurück, die am 12.08.2002 ihre erste große Bewährungsprobe zu bestehen hatte. An diesem Montag ging gegen 12 Uhr der Alarm bei der Crew ein, dass Personen durch das Hochwasser der Elbe von der Außenwelt abgeschnitten sind und sich teilweise in Lebensgefahr befinden. An diesem und darauf folgenden Tag konnten insgesamt 48 Personen aus ihrer Notsituation gerettet werden. Christoph 62 war danach ab Mittwoch in Zusammenarbeit mit anderen RTH/ITH mit der Evakuierung der vom Hochwasser bedrohten Krankenhäuser beschäftigt.
Christoph 62 wird zukünftig das Logo der Bergwacht Sachsen an der Seitentür zieren
Foto: Uwe Mattuschka
Rüdiger Unger, Präsident des Vorstandes des Landesverbandes DRK Sachsen sieht die Zusammenarbeit zwischen der Bergwacht Sachsen und Christoph 62 als einen nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil des Rettungssystems in diesem Bundesland. Die Sächsische Schweiz und das Zittauer Gebirge sind begehrte Ziele für Bergsteiger und Bergwanderer. Doch durch Leichtsinn, falsche Ausrüstung, plötzlich umschlagendes Wetter oder durch Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit endet eine Bergtour nicht immer mit einem Happyend. Auch Unfälle an Industrieanlagen geschehen leider. So wurde Christoph 62 seit 2001 jährlich im Schnitt 15 mal für Taubergungen gerufen um Personen aus ihrer misslichen Lage oder Notsituation zu befreien, weil andere Rettungsvarianten der Bergwacht nicht im benötigten Zeitrahmen durchzuführen waren. 2004 wurde das Bergetau an einer 80m hohen Windkraftanlage eingesetzt. Die Bautzener Luftretter greifen für Taubergungen auf Bereitschaftsdienste der Bergwacht zurück. So werden von April bis Oktober an Wochenenden und Feiertagen zwei Berghütten durch die Luftretter der Bergwacht in Rathen und in Bielatal besetzt. Zusätzlich gibt es im Bereich Bautzen eine Rufbereitschaft. Diese funktioniert wie die Alarmierung einer Freiwilligen Feuerwehr. Die Crew bespricht dann mit dem Luftretter einen Treffpunkt und holt ihn dort ab. Da die ehrenamtlichen Luftretter nicht immer ihre Ausrüstung mitführen können, wird ein kompletter Satz an Bord des Helikopters vorgehalten.
Christoph 62 im Anflug auf seine Ausgangsposition für den Rettungseinsatz
Foto: Uwe Mattuschka
Im Anschluss an die Pressekonferenz wurde symbolisch das Logo der Bergwacht durch beide Repräsentanten an der Seitentür der EC 135 befestigt. Die Backup Maschine D-HDCL war zu diesem Zeitpunkt die Einsatzmaschine, da die BK 117 D-HTIB zur einer längeren Wartung in der Werft in Hangelar war. Pilot Achim Rümmler, HCM Jörg Seifert und Luftretter Matthias Riffer machten dann den Eurocopter startklar um das "Variable Bergetau" im Einsatz vorzuführen. Diese Variante wurde zwar schon am 18.01.2006 erstmalig getestet und am 06.05.2006 bei einer Großübung im Dreiländereck (Polen, Tschechien, Deutschland) vorgeführt, doch dort gab es nur eine befristete Sondergenehmigung des Luftfahrtbundesamtes. Seit September liegt nun die endgültige Zulassung des Amtes vor und Christoph 62 hat als erster Rettungshubschrauber in Deutschland diese Variante der Taubergung, die schon seit längeren in Österreich und der Schweiz praktiziert wird, erfolgreich eingesetzt.
Matthias Riffer hängt sich mit dem Variablen Bergetau in den Doppellasthaken ein. Das Bergetau von 50 m Länge wird vom Luftretter in einem Seilsack mitgeführt
Foto: Uwe Mattuschka
Vorteile bietet diese Variante in mehrerer Hinsicht. Der Pilot kann den Flug zur Einsatzstelle wesentlich unkomplizierter durchführen, da sich kaum fliegerische Einschränkungen durch die direkte Position des Luftretters unter dem Hubschrauber ergeben. Er kann die Schwebeposition leichter ohne Behinderung durch ein unter dem Fluggerät hängendes und ggf. pendelndes Langseil einnehmen und dabei die Höhe der Schwebeposition über der Absetzstelle den günstigsten Bedingungen anpassen. Beides erspart Zeit und bringt Sicherheit.
Die EC 135 im Anflug auf die Einsatzstelle. HCM Jörg Seifert beobachtet auf den Kufen den Anflug und gibt gegebenenfalls Korrekturen an den Piloten
Foto: Uwe Mattuschka
Durch die zentrale Position des Luftretters direkt unter dem Hubschrauber, treten beim Abseilen kaum Pendel- und Drehbewegungen auf. Eventuelle Pendelbewegungen werden beim Abseilen durch die zunehmende Seillänge gedämpft. Während beim herkömmlichen Bergetausystem der Pilot sämtlich Bewegungen und Korrekturen mit dem dynamischen Gesamtsystem Hubschrauber + Seil mit Luftretter durchführen muss, hat er beim Einsatz des "Variablen Bergetau" zum Absetzen des Luftretters lediglich den Hubschrauber in Position zu halten. Das vereinfacht den Einsatz für den Piloten. Eine Fehlauswahl der angebauten Seillänge (zu kurz gewählt) kann nicht mehr auftreten, da ausreichend Seilmaterial mitgeführt wird. Das verhindert Einsatzabbrüche durch Fehlabschätzung der benötigten Seillänge. Aufgrund der bedeutend höheren Genauigkeit lassen sich wesentlich schwierigere Einsatzstellen schneller und sicherer erreichen. Das erhöht die Rettungsmöglichkeiten für den Patienten.
Luftretter Matthias Riffer seilt sich zur Einsatzstelle hinunter. Der HCM beobachtet das Abseilen des Luftretters. Der Pilot kann den Luftretter und die Absetzstelle im Spiegel sehen
Foto: Uwe Mattuschka
Matthias Riffer mit dem Abseilgerät DSD-30 und Seilklemme KS-12 in Arbeitsstellung
Foto: Uwe Mattuschka
Pilot Achim Rümmler hält den Hubschrauber direkt über der Einsatzstelle am Hindernis in der Standschwebe. Aufgrund der variablen Seillänge kann er dabei die für ihn optimale Position einnehmen
Foto: Uwe Mattuschka
In den technischen Komponenten "Seil", "Anschlagpunkte", "Lastenaufhängung am Hubschrauber" und "Redundanz" ergeben sich keine Unterschiede zum herkömmlichen System. Es werden baugleiche Komponenten eingesetzt. Das Abseilgerät DSD-30 ist ein paniksicheres oder auch "Double-Stop" genanntes System. Das Gerät erlaubt den Seildurchlauf nur in einer Mittelposition des Bedienhebels, die durch den Luftretter gehalten werden muss. Durch kleine Korrekturen am Bedienhebel kann die Abseilgeschwindigkeit variiert werden. Wird jedoch diese Mittelstellung des Bedienhebels in größerem Maße verändert, stoppt der Seildurchlauf selbstständig. Damit ist eine optimale Anwendersicherheit auch im Falle von Bewusstlosigkeit (Loslassen) oder Panik (Durchziehen) gegeben.
Der Transport des Patienten erfolgt dann wie beim bewährten Bergetau. Dazu wird das Variable Bergetau in der benötigten Länge blockiert. Der Luftretter führt nach dem Einsatz das Bergetau
Foto: Uwe Mattuschka
Das korrekte Einlegen des Seiles in das Abseilgerät kann leicht optisch kontrolliert werden, da das Gerät keine geschlossene Bauart aufweist. Im Fall eines Fehleinlegens des Seiles in das Gerät ist keine Gewichtsbelastung möglich und würde beim Abheben des Hubschraubers zwingend bemerkt werden oder der Seildurchlauf wäre blockiert und ein Durchrutschen des Luftretters damit verhindert.
Die Seilklemme KS-12 an der der Patient ausgeflogen werden kann, verfügt nur über zwei Arbeitspositionen, "Blockierung" und "Durchlauf". Während des Abseilens des Luftretters mittels DSD-30 läuft die Seilklemme unbelastet am Seil mit. Nach „Blockierung“ verhindert sie den weiteren Seildurchlauf und verbleibt in der Blockierungsposition am Seil. Durch das Vernähen des Seiles an den Enden, kann die Seilklemme ihre Position nur innerhalb der Vernähstellen des Seiles verändern, sich jedoch nie vom Seil lösen.
Kontaktaufnahme
- Luftrettungszentrum Bautzen:
- 03591-20 420
- Büro der Geschäftsführung in Leipzig
- 0341 – 90 23 900
Die Crew von Elbe-Helicopter ist gern bereit, weitere Fragen zu beantworten. Für interessierte Rettungskräfte, wie Bergwacht, Feuerwehr, Notärzte und Leitstellenpersonal, besteht immer die Möglichkeit, sich auf der Basis in Bautzen mit der Taubergung vertraut zu machen.
Autor
- Wir danken:
- Fa. Elbe Helicopter & Team Christoph 62