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„Last Flight“ der Bell UH-1D zur finalen Außerdienststellung in Bückeburg

26.06.2021

Bückeburg (NDS) ::  Am Nachmittag des 23.06.2021 endete auf dem Bückeburger Heeresflugplatz eine Ära. Um ca. 15:25 Uhr setzt die letzte UH-1D der deutschen Streitkräfte auf dem Vorfeld der Halle 7 auf und stellt zum letzten Mal das Triebwerk ab. Damit endete nun final nach 54 Jahren der Flugbetrieb auf diesem Muster bei den regulären Einheiten der Bundeswehr. Lediglich eine einzelne Maschine des Typs wird bis Ende des Jahres 2021 bei der Wehrtechnischen Dienststelle 61 in Manching weiter betrieben.

Nach dem Start am Heimatstandort des Transporthubschrauberregiments (THR) 10 30 [korr.] in Niederstetten (BW) flog die sonderlackierte „Goodbye-Huey“ mit dem taktischen Kennzeichen 73+08 zunächst nach Berlin um dort den Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, aufzunehmen und als Passagier nach Bückeburg mitzunehmen.

Nur noch knapp zwei Sekunden in der Luft, bevor das Kapitel Bell UH-1D bei der Bundeswehr final zu Ende geht.

Nur noch knapp zwei Sekunden in der Luft, bevor das Kapitel Bell UH-1D bei der Bundeswehr final zu Ende geht.

Foto: Felix Troschier

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Zu Ehren der Außerdienststellung des legendären „Teppichklopfers“ wurde die Maschine über dem Schaumburger Land von einer Formation sechs weiterer Hubschrauber in Empfang genommen und nach gemeinsamen Überflügen über das Stadtzentrum von Bückeburg und dem hiesigen Hubschraubermuseum erfolgte ein letzter gemeinsamer „fly pass“ vor den geladenen Gästen und Medienvertretern auf dem Heeresflugplatz in niedriger Höhe. Begleitet wurde die „Goodbye Huey“ dabei von seinen Nachfolgemustern NH-90 TTH der THR 10 und 30 sowie des internationalen Hubschrauberausbildungszentrums (IHAZ), einem Airbus H145 LUH-SAR des THR 30 sowie je einer EC 135T1 des IHAZ Bückeburg und einem EC 665 Tiger UHT vom Kampfhubschrauberregiment 36 aus Fritzlar. Nachdem letztgenannte Teilnehmer des Formationsfluges sich parademäßig im Halbkreis auf der Flightline aufstellten schwebte die „Goodbye-Huey“ mit den Piloten und Regimentskommandeur Oberst Peter Göhringer und Oberstleutnant Bodo Schinkel am Steuer in das Zentrum des Halbkreises und wurde so zum Mittelpunkt der Szenerie. Zahlreiche „Plane Spotter“ verfolgten das Geschehen von außerhalb.

Der neue SAR-Hubschrauber vom Typ H145 LUH-SAR startet zum Formationsflug.

Der neue SAR-Hubschrauber vom Typ H145 LUH-SAR startet zum Formationsflug.

Foto: Felix Troschier

Nach einer militärischen Meldung durch Brigadegeneral Ulrich Ott, Kommandeur Kommando Hubschrauber und General der Heeresflieger folgte ein Redebeitrag des Inspekteurs des Heeres, Alfons Mais. Er umriss die Geschichte der Bell UH-1D im Allgemeinen und ihren Einsatz in Deutschland im Besonderen. Auch für ihn war es ein bewegender Moment, da er als Hubschrauberführeroffizier bei der Heeresfliegertruppe Flugerfahrung auf der Bell UH-1D unter anderem in Faßberg und Toplicane (Kosovo) sammeln dufte. Im Anschluss wurde die Maschine offiziell an das IHAZ und das Hubschraubermuseum Bückeburg übergeben. Sie verbleibt im Eigentum der Lehrsammlung des IHAZ, das Hubschraubermuseum wird lediglich der Ausstellungsort sein. Dort wird sie voraussichtlich ab August dem Publikum zugänglich sein. Die sonderlackierte 73+08 tritt dort an die Stelle der olivgrün-getarnten 70+51, die 2011 ins Museum kam. Sie findet dafür einen neuen Platz in der Jägerkaserne in Bückeburg.

Ehrenformation mit der sonderlackierten Maschine an der Spitze.

Ehrenformation mit der sonderlackierten Maschine an der Spitze.

Foto: Felix Troschier

Es ist müßig, an dieser Stelle in epischer Breite auf den Stellenwert der Bell UH-1D für die deutsche Luftrettung einzugehen. Ein kurzer Abriss lohnt sich dennoch: Zwischen 1967 und 1971 wurden unter Federführung von Dornier in Oberpfaffenhofen 352 Maschinen der Bell UH-1D für Luftwaffe, Heeresflieger und Bundesgrenzschutz in Lizenz gefertigt. Unzählige von ihnen kamen als SAR- und Rettungshubschrauber zum Einsatz, hauptsächlich durch die Lufttransportgeschwader der Luftwaffe. Beginnend von der ersten Bereitschaft im bayrischen Penzing im Jahre 1968 bis zur letzten im April 2021 in Holzdorf war die Bell UH-1D das Standardmuster für den SAR-Dienst für zivile und militärische Luftnotlagen und Einsätze im Rahmen der „dringenden Nothilfe“ über Land. Von den Rettungszentren für den zivilen Rettungsdienst zog man die „Huey“ sukzessive von 1998 bis 2006 ab. 2013 kam es zum so genannten Fähigkeitstransfer. Dieser beinhaltete die Übertragung aller noch verbleibenden Bell UH-1D der Luftwaffe zur Heeresfliegertruppe, die seitdem auch die Zuständigkeit für den SAR-Dienst über Land innehat. Der Rückgang des militärischen Flugbetriebes und die zunehmende Dichte des zivilen Luftrettungsnetzes führte zu einer drastischen Reduktion der SAR-Kommandos für das Festland, von denen schließlich nur noch Niederstetten, Holzdorf und Nörvenich verbleiben. Die Bell UH-1D wurde an diesen Standorten in den vergangenen zwölf Monaten durch neue Hubschrauber vom Muster H145 LUH-SAR abgelöst (rth.info berichtete mehrfach).

Der General der Heeresflieger und Kommandeur des Kommandos Hubschrauber, Brigadegeneral Ulrich Ott wird von einer durch die ADAC-Luftfahrttechnik betriebenen EC 135 T3 am Festort abgesetzt.

Der General der Heeresflieger und Kommandeur des Kommandos Hubschrauber, Brigadegeneral Ulrich Ott wird von einer durch die ADAC-Luftfahrttechnik betriebenen EC 135 T3 am Festort abgesetzt.

Foto: Felix Troschier

Die letzte Landung der 73+08 bildete auch den Schlusspunkt der „Goodbye-Huey“-Tour, deren ursprüngliche Planung eigentlich die Präsenz an zahlreichen Orten und luftfahrtbezogenen Veranstaltungen bereits im Jahr 2020 vorsah. Die Corona-Pandemie machte es allerdings notwendig, die Planungen zu ändern, sodass im Jahr 2021 nur noch eine verkleinerte Abschiedstournee stattfinden konnte. Einige der ursprünglich anvisierten Ziele konnten nicht mehr angeflogen werden, was insbesondere die ehemaligen Luftwaffenstandorte des Musters in Ahlhorn und Penzing betraf. Der Abschied von der Bell UH-1D war angesichts des langen Zeitraums von der Beschaffung des LTH NH-90 TTH bis zur Einsatzreife und der damit verbundenen Probleme auch immer „ein Abschied auf Raten“. Immerhin gab es erste konzeptionelle Überlegungen zum späteren NH-90, damals noch unter dem Namen „LTH/SAR“ im sog. „Spezialstab Auswertung, Truppenversuch, Vorschriften“ im Hubschraubertransportgeschwader 64 in Ahlhorn bereits ab 1979. Bis in die späten 1990er Jahre ging man davon aus, dass der NH-90 in den frühen 2000er Jahren seine Einsatzreife erhalte und damit die Ablösung der „Huey“ beginne. Dass dieser Prozess erst 20 Jahre später abgeschlossen sein sollte, die Luftwaffe derweilen gar nicht mehr für den SAR-Dienst über Land zuständig sein und der NH-90 TTH niemals als reguläres SAR-Mittel zum Einsatz kommen sollte, hatte wohl niemand erahnt.

Einschweben zum letzten Touchdown. Im Hintergrund der Nachfolger der „Huey“ in der Rolle des leichten Transporthubschraubers (LTH): Der NH-90

Einschweben zum letzten Touchdown. Im Hintergrund der Nachfolger der „Huey“ in der Rolle des leichten Transporthubschraubers (LTH): Der NH-90

Foto: Felix Troschier

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