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Standortsuche für Rettungshubschrauber im Neckar-Odenwald-Raum; Leonberg weiter strittig

15.01.2022

Mannheim (BWÜ) ::  Im Zuge der Neustrukturierung der Luftrettung im Bundesland Baden-Württemberg prüfe das Regierungspräsidium Karlsruhe derzeit Grundstücke rund um Osterburken im Neckar-Odenwald-Kreis auf ihre Tauglichkeit als Rettungshubschrauber-Standort. Das berichtet der SWR Mannheim in einem Online-Artikel von vorgestern Abend (siehe Weblink). Osterburken liegt nördlich von Heilbronn nahe der A 81, und ungefähr mittig zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem unterfränkischen Würzburg. Da der Standort in Osterburken nicht durch die Verlegung eines bereits bestehenden Rettungshubschrauber-Standortes erfolgen soll, sondern gemäß dem für das Land erstellten Gutachten neu eingerichtet werden soll, sind keine Berichte über Proteste bekannt geworden.

Anders im Landkreis Böblingen. Die Petition gegen die Verlegung des Leonberger Rettungshubschraubers “Christoph 41“ auf eine Achse Tübingen – Reutlingen hat Ende November 2021 das Quorum der Plattform openpetition.de erreicht. Daher hat openpetition.de am 7.12.2021 mitgeteilt, dass es von den gewählten Vertretern im Parlament Landtag von Baden-Württemberg eine persönliche Stellungnahme angefordert habe. Eine Reihe von Stellungnahmen sind mittlerweile veröffentlicht. Besonders viele Rückmeldungen kamen von Parlamentariern der Parteien FDP, AfD und Bündnis 90/Die Grünen. Viele AfD-Parlamentarier signalisierten ihre Zustimmung zur Petition, zumeist ohne ergänzende Stellungnahme. Viele Parlamentarier der Grünen enthielten sich oder signalisierten Ablehnung mit einem abgestimmten Text, dem zu entnehmen ist:

“Die Versorgung mit genügend Rettungsmitteln obliegt den einzelnen Rettungsdienstbereichen. Die Rettungsdienstbereiche haben dafür zu sorgen, dass genügend bodengebundene Rettungsmittel für die flächendeckende Notfallversorgung zur Verfügung stehen. Die Flugrettung dient als Ergänzung der bodengebundenen Rettungsmittel. Unser Ziel ist es, dass Baden-Württemberg flächendeckend mit einer guten Flugrettung versorgt ist. Dazu ist es unerlässlich neben der Installation von zwei neuen Hubschraubern auch einige bereits im Einsatz befindliche Hubschrauber zu versetzen, um allen Menschen in Baden-Württemberg im Bedarfsfall gute Unterstützung aus der Luft zukommen zu lassen. Die genauen Positionierungen der Hubschrauber müssen jedoch noch erarbeitet werden.“

Hans-Dieter Scheerer (FDP) erklärte seine Zustimmung zur Petition wie folgt:

“Das Ziel der Landesregierung [...darf...] nicht ausschließlich auf der Grundlage eines Gutachtens geschehen, ohne davor auch die Experten und Expertinnen aus der Crew des Hubschraubers, der Rettungskräfte vor Ort oder den lokalen Verbänden des DRK und THW anzuhören. Nicht zuletzt setzen sich auch die Bürgermeister der betroffenen Kommunen und der Landrat des Landkreises Böblingen für einen Verbleib des Rettungshubschraubers ein. Das Gutachten der Landesregierung vernachlässigt das Verhältnis zwischen Notfall- und Transportflügen. Deshalb ist der Hubschrauber Christoph 51 aus Pattonville/Ludwigsburg auch keine ausreichende Alternative für einen Wegfall von Christoph 41. Außerdem bleibt die Kostenfrage der Verlegung unbeantwortet. Warum wird eine komplett neue Rettungsstation in Tübingen geschaffen, wenn der Standort in Leonberg erst vor knapp 10 Jahren komplett saniert wurde? “

FDP-Politiker aus der Region hatten zuletzt gegenüber der Presse mehrfach im Kontext der Verlegungsdebatte eine Stellungnahme der Bundesanstalt THW ins Spiel gebracht, obwohl das Technische Hilfswerk in solchen Fragen schon aufgrund seines komplett anderen Einsatzfokus keine nennenswerte Rolle spielt. Die Antwort auf die Frage nach den Kosten mehrerer neuer Stationen gerade mit Blick auf kurz zuvor noch getätigten Investitionen in die Standortinfrastruktur dürfte dem Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg unter Thomas Strobl (CDU) da schon deutlich mehr Kopfzerbrechen bereiten.

Emil Sänze (AfD) begründete seine Zustimmung zu dem Petitionsanliegen mit einem Verweis auf die Finanzierung des Gesundheitswesens:

“Die Erhaltung der Volksgesundheit ist Non Profit und ausschließlich gemeinnützig zu organisieren. Dazu gehört auch, dass der Standort Christoph 41in Leonberg erhalten bleibt, um die Patientenversorgung im Großraum Stuttgart auf dem höchsten Niveau zu halten!“

Sänze zeigt allerdings nicht auf, worin er den Zusammenhang mit der Strukturreform der Luftrettung sieht. Die DRF Luftrettung teilt sich juristisch in einen e.V., eine Stiftung des bürgerlichen Rechts sowie eine gemeinnützige AG auf. Es ist möglich, dass Sänze unterstellt, die Verlegung Richtung Tübingen werde rein aus Gründen der Kostenoptimierung angestrebt. Ein neuer Standort nahe Tübingen würde jedoch unzweifelhaft zunächst viel Geld kosten – mit Blick auf den oben erwähnten Investitionskostenhinweis der FDP.

Das baden-württembergische Innenministerium rechnet unterdessen aufgrund der Komplexität mit einer mehrjährigen Verfahrensdauer. So jedenfalls zitierte der SWR am 01.11.2021 einen Sprecher des Ministeriums. Die Suche nach den Standorten obliege den Regierungspräsidien, hieß es. Das Beispiel aus dem Neckar-Odenwald-Bereich bestätigt dies. Wie weit die Bemühungen der anderen Regierungspräsidien bereits gediehen sind, blieb bislang offen.

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Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

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