Augsburg: Weiter Lobbyarbeit pro Luftrettung
13.03.2008
Augsburg (BAY) :: In der Stadt Augsburg geht die Lobbyarbeit für einen eigenen Rettungshubschrauber- Standort in eine neue Runde. Nach Lokalpolitiker Max Strehle (CSU) ist es nun Oberbürgermeister (OB) Dr. Paul Wengert höchstselbst, der sich für die Einrichtung eines Luftrettungszentrums in seiner Stadt stark macht.
Dazu gab die Stadt Augsburg an gestrigen 11. März sogar eine Pressemitteilung heraus:
Man sieht sich in der Versorgung durch Luftrettungsmittel innerhalb des Freistaats Bayern benachteiligt. Deswegen schrieb der OB nun auch einen Brief an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann. Die Pressemitteilung der Stadt zitiert ihn daraus wie folgt:
"Ich darf Sie im Namen aller unserer Bürger bitten, zumindest einem Probebetrieb eines in Augsburg stationierten Rettungshubschraubers kurzfristig zuzustimmen"
Weiter äußerte sich der Minister zum Thema:
"Es kann doch nicht sein, dass der drittgrößte Verdichtungsraum Bayerns und ein Industriestandort wie die Region Augsburg nicht optimal mit Rettungsdiensten versorgt sind"
Interessante Hintergründe
Eigene Ressourcen ausreichend oder nicht?
Das Statement mit integriertem Werbeeffekt für die regionale Wirtschaft lässt sich besser einordnen mit dem Wissen um die Tatsache, dass der OB gleichzeitig Vorsitzender des Rettungszweckverbands Augsburg ist. Dieser Zusammenschluss auf kommunaler Ebene ist für den Betrieb des regionalen Rettungsdienstes maßgeblich mitverantwortlich.
Nach wie vor ist aus den Augsburger Argumenten nicht ersichtlich, ob man mit der Stationierung eines Rettungshubschraubers möglicherweise einfach Lücken in der bodengebundenen Versorgung der umliegenden Regionen schließen möchte. Dies widerspräche dem ursprünglichen Konzept der Luftrettung als ergänzende Struktur zur Bodenrettung.
Klinikum der Maximalversorgung vor der Haustür
Wengert verweist auf die Notwendigkeit, etwa nach Arbeitsunfällen in Industriebetrieben im Großraum Verletzte schnell in Spezialkliniken auszufliegen. Warum entsprechende Kapazitäten in Augsburg und Umgebung nach seiner Meinung nicht oder nicht ausreichend gewährleistet sind, und vor allem wie oft solche Unfälle überhaupt vorkommen, darüber gibt die Mitteilung der Stadt hingegen keine Auskunft.
Das Augsburger Zentralklinikum beschreibt sich selbst online wie folgt:
"Das Klinikum Augsburg ist ein modernes Krankenhaus der maximalen Versorgungsstufe. Zusammen mit der angegliederten Klinik (...) stehen 1602 Behandlungsplätze für stationäre Patienten zur Verfügung."
Von einer solchen Versorgungsstufe können andere Regionen nur träumen. So wird es das Klinikum auf jeden Fall gewährleisten können, eine adäquate Erstversorgung Schwerverletzter zu leisten, bis ein Intensivtransporthubschrauber (ITH) – etwa der "Christoph München" – den Weitertransport in eine Spezialklinik übernimmt.
Wahlkampfzeit
Nach wie vor interessant sind die selbstbewussten Einschätzungen der Augsburger vor dem Hintergrund der Oberbürgermeister-Stichwahl, die am 16. März stattfindet. Ein Zusammenhang zwischen offensiven Forderungen gegenüber dem Freistaat und des lokalen Wahlkampfgeschehens erscheint durchaus möglich.
Ministerium hat bereits Prüfung des Stationsnetzes angekündigt
rth.info hatte in der Vergangenheit bereits über diese Forderungen berichtet (vgl. unsere Artikel-Chronologie zum Thema).
Mit Blick auf die schon vom Land angekündigten Untersuchungen zur Struktur des Luftrettungsnetzes in Bayern, deren Zeitraum aber noch nicht absehbar sei, sagte Wengert aktuell:
"Angesichts tragischer Unfälle, die jeden Tag passieren können, können wir aber nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag auf einen Rettungshubschrauber warten"
Auf die mögliche Erfüllung seiner Forderung nach einem Rettungshubschrauber- Probebetrieb in der Stadt darf man nun gespannt sein.
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Intensivtransport-Hubschrauber können klinisch erstversorgte Patienten in Spezialkliniken verlegen; hier Christoph München
Foto: Manuel Heiduczek
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- Quelle(n):
- Stadt Augsburg online, Zentralklinikum Augsburg online