Regensburger Luftretter feiern 20-jähriges Bestehen
08.10.2014
Am letzten Freitag des Septembers hatte man an der Regensburger Luftrettungsstation der DRF Luftrettung allen Grund zum Feiern: „Christoph Regensburg“ besteht nun bereits seit 20 Jahren. Im Hangar der Luftrettungsstation lud Dr. Hans Jörg Eyrich, Vorstand der DRF Luftrettung, Partner, Mitarbeiter und Angehörige der Luftrettungsstation, die am 1. September 1994 gegründet worden war, zu einem Festakt ein. Die Redner warfen einen Blick auf die Geschichte des Regensburger Rettungshubschraubers und würdigten die Bedeutung der schnellen Hilfe aus der Luft für die Region Ostbayern. Der Einladung folgten neben der Besatzungsmitglieder auch Prof. Dr. med. Bernhard M. Graf, Direktor der Klinik für Anästhesiologie des UKR, Sepp Zenger, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes Kreisverband Regensburg sowie Matthias Wenig, Bereichsleiter der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen in Bayern. Aus der Politik waren Landrätin Tanja Schweiger und Oberbürgermeister Joachim Wolbergs vertreten.
An dieser Stelle möchte sich auch rth.info den Glückwünschen anschließen und zeigt in einem kleinen Rückblick einige Meilensteine in 20 Jahren „Christoph Regensburg“.
Vorstand Dr. Hans Jörg Eyrich mit einem Teil der Gäste vor der Einsatzmaschine
Foto: DRF Luftrettung
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Gründung einer Luftrettungsstation in Regensburg
Gegründet wurde die Regensburger Station im September 1994. In Zusammenarbeit zwischen der HDM-Flugservice GmbH (München) (heute HDM-Luftrettung gGmbH, Tochterfirma der DRF Luftrettung) und dem Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) wurde nach einer Ausschreibung ein 24-Stunden-Intensivtransporthubschrauber am Uniklinikum Regensburg stationiert. Der Zweck des Hubschraubers war ursprünglich die Versorgungslücke für Patienten aus Regensburg und dem Umland zu schließen. Oftmals wird ein Patient in einer Klinik der Grund- oder Schwerpunktversorgung behandelt und muss für einen weiteren Behandlungserfolg in ein anderes Krankenhaus verlegt werden. Mit dem Hubschrauber geht dies in der Regel besonders schnell und schonend. Für derartige Intensivverlegungen waren die bereits stationierten, herkömmlichen Rettungshubschrauber hinsichtlich des Platzangebotes und der Ausrüstung nicht immer optimal geeignet, sodass hier ein ITH wie Christoph Regensburg zum Zuge kam. Eingesetzt wurde ab der Gründung eine Bell 412 mit Fahrwerk und Funkrufnamen „Sama Regensburg 78/01“, später auch „ITH Regensburg“. Zum 1. Januar 2001 übernahm das Bayerische Rote Kreuz Kreisverband Regensburg die rettungsdienstliche Trägerschaft des ITH-Standortes. Der Funkrufname wurde im Jahre 2004 in „Christoph Regensburg“ geändert.
„Sama Regensburg 78/01“ am alten Landeplatz der Uniklinik Erlangen
Foto: Jürgen Handrich
Umstellung zum Dual-Use Standort und Typenwechsel
Im Laufe der Jahre führte der Zeitvorteil der Luftrettung zu vermehrten Alarmierungen von „ITH Regensburg“ als Ergänzung zum bodengebundenen Rettungsdienst, sodass im Jahr 1999 auf Veranlassung des Bayerischen Innenministeriums eine Umstellung zum „Dual-Use-Betrieb“ erfolgte, das heißt, der Hubschrauber steht offiziell sowohl für Primäreinsätze als auch zu Sekundärverlegungen zur Verfügung.
Sicher hatte die zusätzliche, wachsende Aufgabe der Primärluftrettung dazu beigetragen, dass sich im Laufe der Zeit die BK 117 als Standardhubschraubertyp durchsetzte. Die MBB BK 117 konnte mit ihren geringeren Abmessungen leichter an engen Einsatzorten gelandet werden, bot dennoch ausreichend Platz für Intensivtransporte. So kam die Bell 412 meist nur noch als Ersatzmuster zum Einsatz, wenn die eigentliche Einsatzmaschine defekt oder bei den Routinewartungsterminen war. Im Jahr 2010 erfolgte nach München auch in Regensburg die Umstellung auf eine EC 145 (BK 117 C2) als Standardmaschine.
Der Regensburger ITH im Jahr 2000 einsatzbereit am Standort
Foto: Franz Mayer
Ab und zu war auch in der jüngeren Vergangenheit eine Bell 412 als Einsatzmaschine zu sehen
Foto: Mario Stelzer
Luftrettung bei Nacht & LUNA-Studie
„Christoph Regensburg“ ist neben Nürnberg und München einer von drei Standorten in Bayern, an denen ein Rettungshubschrauber rund um die Uhr besetzt und einsatzbereit ist. Besonders in weit abgelegenen Regionen wird der Regensburger Dual-Use-Hubschrauber auch oftmals zu nächtlichen Primäreinsätzen herangezogen, um den Transport von schwer verletzten oder erkrankten Patienten in eine geeignete Zielklinik zu beschleunigen. Hierbei sind die Patienten dann bereits vom bodengebundenen Rettungsdienst vorversorgt und werden vom Hubschrauber-Team am Einsatzort übernommen („postprimär“).
Dass Luftrettung bei Nacht ein heikles Thema ist, zeigen nicht nur aktuelle Fälle von Beschwerden von kliniknahen Anwohnern wie beispielsweise in München. Neben dem Problem des Fluglärmes zwingen auch die nicht unerheblichen Kosten, die für einen 24h-Betrieb aufgewendet werden müssen, zu einer genauen Überprüfung der Auslastung und Notwendigkeit der Einsatzbereitschaft rund um die Uhr. So kam es im Jahr 1999 dazu, dass der Regensburger Intensivtransporthubschrauber von Juli an nur nach tagsüber zu seinen Einsätzen starten durfte. Das Bayerische Staatsministerium des Innern in München hatte für die Station an der Donau ein Nachtflugverbot erteilt. Grund hierfür: Der „ITH Regensburg“ käme im Gegensatz zu den Maschinen in München und Nürnberg sowohl tagsüber als auch nachts seltener zum Einsatz. Die Sozialversicherungen könnten die Kosten, die die vier Intensivtransporthubschrauber in München, Nürnberg, Regensburg und Murnau verursachen, nicht mehr tragen. Stattdessen seien lediglich die zwei erstgenannten Standorte von Nöten. Sogar der weitere Unterhalt der Stationen in Murnau und Regensburg seien gefährdet gewesen. Nur schwierige Verhandlungen hätten das Aus der Finanzierung derjenigen ITH-Standorte verhindert.
Doch was dann in Regensburg und Umgebung geschah, hätte vorher wohl niemand für möglich gehalten. Für die „Wiederbelebung“ des Nachtflugbetriebes in Regensburg stellte der Verein „Sternschnuppe e.V.“, gegründet zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von kleinen Patienten, eine beispiellose Unterschriftenaktion auf die Beine. Denn auch Kindernotfälle sind oftmals Anforderungsgründe für einen nächtlichen Hubschraubereinsatz. Nahezu 200.000 Menschen aus den unterschiedlichen Berufs- und Altersgruppen protestierten mit ihrer Unterschrift gegen das vom Innenministerium verhängte Nachtflugverbot. Deren Engagement und nicht zu vergessen die Bemühungen von Rettungsdienst und Feuerwehr führten letztlich dazu, dass Bayerns Staatsminister des Innern Günther Beckstein die Aufhebung des Flugverbotes ab Januar 2000 verkündete. Einige Politiker neigten dazu, den Ausgang der Bürgerbewegung als eigenen Erfolg auszulegen, doch eines war unumstritten: Ganze zehn Prozent der damaligen Bevölkerung des Einzugsbereiches stehen mit ihrem Namen hinter dem Hubschrauber, egal ob tagsüber oder nachts – ein verhältnismäßig hoher Anteil! Doch mit der Beendigung des Verbotes kündigte Beckstein zugleich an, dass eine genaue Analyse des Flugbetriebes des Regensburger Hubschraubers von Nöten sei. Ein mehrjähriges Forschungsprojekt solle dazu dienen, die Effizienz und Effektivität von ITH Regensburg zu überprüfen, da das Thema „Nachtflugverbot“ sicher nicht vom Tisch sei, hieß es aus München. Vom Freistaat Bayern sowie dem zuständigen Rettungszweckverband wurde schließlich in Zusammenarbeit mit der Uniklinik Regensburg die besagte Studie „LUNA“ (Luftrettung in der Nacht) ins Leben gerufen. Hierfür wurden im Zeitraum von April 2001 bis März 2004 die Anforderungsgründe, Verletzungsmuster, Vorlaufzeiten etc. beobachtet und ausgewertet.
Grob zusammengefasst konnte als Fazit gezogen werden, dass eine nächtliche Hubschrauberanforderung bei schwer Verletzten oder Erkrankten sinnvoll ist, sofern dies die Dauer bis zur medizinischen Behandlung in der geeigneten Klinik minimiert. Auch ist eine Anforderung des Rettungshubschraubers bei mehreren Notfallpatienten als Arztzubringer sinnvoll. Die Nachalarmierung des Luftrettungsmittels bietet jedoch hinsichtlich der durchschnittlichen Vorlaufzeit von 12 Minuten bis zur Einsatzübernahme nur einen Zeitvorteil, wenn dies zügig und bereits von den ersten Rettungskräften am Einsatzort veranlasst wird.
Zur Optimierung der Sicherheit bei Einsätzen in der Dunkelheit wurde die Regensburger Station im Jahr 2011 als zweiter DRF-Standort mit Restlichtverstärkerbrillen, sogenannte „night vision goggles“ (NVG) ausgestattet.
Nachteinsätze - wie hier in Simbach am Inn - gehören schon seit Jahren zur Tagesordnung
Foto: Franz Mayer
Zwischenfälle
Wie viele Rettungshubschrauberstandorte in ihrer Geschichte blieb auch die Station Regensburg nicht von Flugunfällen verschont. So streifte im Jahr 2002 „Christoph Regensburg“ bei einem Einsatzflug im Vorderen Bayerischen Wald unter schlechten Sichtbedingungen - es herrschte in der Region dichter Nebel - eine Baumgruppe. Die BK 117 mit der Kennung D-HSSS wurde im Bereich des Cockpits schwer beschädigt, konnte jedoch sicher auf einem angrenzenden Feld gelandet werden. Verletzt wurde dabei niemand.
Im Dezember 2005 kam es nach bei einem Primäreinsatz auf einem Firmengelände nahe Regensburg zu einem Unfall, der weitaus schlimmer hätte enden können. Kurz nach der Landung der BK 117 trafen aufgewirbelte Teile einer Firmenhalle den Hauptrotor und beschädigten diesen sowie den gesamten Hubschrauber stark. Dabei wurden vier Personen verletzt, darunter die Crewmitglieder (rth.info berichtete). Die BK 117 mit der Kennung D-HIMU (c/n 7204) war danach flugunfähig und wurde angesichts des großen Schadens als Solche nicht mehr instandgesetzt.
Neubau LRZ
Im Jahre 2006 konnten die Regensburger Luftretter den Neubau ihrer Luftrettungsstation beziehen. Bis dato mussten die Besatzungsmitglieder mit einer Behelfswache aus Wohncontainern als Unterkunft auskommen, die Einsatzmaschine stand - dem Wetter schutzlos ausgesetzt - Tag und Nacht im Freien. Das neue Stationsgebäude hat mit einem geräumigen Hangar ausreichend Platz für die Einsatzmaschine, bietet dem Personal genügend Raum für Büroarbeiten oder Ruhepausen und verfügt zudem über ausreichend Lagerplatz für medizinische Ausstattung. Die Patienten können direkt mit Hilfe eines Aufzuges ins Klinikum transportiert werden, ohne die Maschine nochmal umsetzen oder einen Rettungswagen in Anspruch nehmen zu müssen. Eine Tankanlage sorgt für ausreichend Sprit für die Einsatzmaschine und auswärtige Hubschrauber.
Die alte Station am UKR bot lediglich eine Abstellmöglichkeit für die Einsatzmaschine und Wohncontainer als Aufenthaltsräume
Foto: Franz Mayer
Die 2006 in Betrieb genommene Station bietet optimale Voraussetzungen für eine Einsatzbereitschaft rund um die Uhr
Foto: Jörn Fries
Der geräumige Hangar bietet genügend Platz für die Maschine und lässt beispielsweise auch Wartungsarbeiten im Warmen zu
Foto: Jörn Fries
Aussicht auf die kommenden Jahre
Wie auch die Station in München wird auch Regensburg als Einsatzmaschine eine EC 145 T2 (BK 117 D2) erhalten. Sie bietet mit dem ummantelten Heckrotor (Fenestron) und mehr Leistungsreserven eine erhöhte Sicherheit, was vor allem bei nächtlichen Aufträgen zur Geltung kommen soll. Die geringere Lärmbelastung wird für eine Entlastung der Bürger in kliniknahen Wohngebieten sorgen.
Blick auf die moderne (intensiv-)medizinische Ausstattung von „Christoph Regensburg“
Foto: Mario Stelzer
Seit 2010 als Standardhubschraubertyp eingesetzt: Eine EC 145 (BK 117 C2)
Foto: Mario Stelzer
Autor
- Wir danken:
- Werner Wolfsfellner für die Bereitstellung archivierter Dokumente sowie Jürgen Handrich und Franz Mayer für die Genehmigung zur Verwendung ihres Bildmaterials.