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rth.info – Faszination Luftrettung

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Faszination Luftrettung


50 Jahre zivile Luftrettung in Deutschland (Teil 6) – Hamburg

18.10.2020

Mit der Indienststellung des ersten zivilen und ständig mit einem Notarzt besetzten Rettungshubschraubers (RTH) „Christoph 1“ in München schlug am 1. November 1970 die Geburtsstunde der öffentlich-rechtlichen Luftrettung in der Bundesrepublik Deutschland. rth.info nimmt den 50. Geburtstag der Luftrettung in Deutschland zum Anlass, die „Hubschrauberrettung“ in der Bundesrepublik auf die historische Entwicklung und den gegenwärtigen Stand in den einzelnen Bundesländern zu fokussieren. Damit sollen auch die immensen Leistungen und auch die mit einem stetigen Wandel verbundenen großen Herausforderungen sowie die Bedeutung der Luftrettung in einem europäischen und globalen System der schnellen Hilfe aus der Luftrettung näher beleuchtet werden.

Dies geschieht mit einer Darstellung der Luftrettung in den 16 Bundesländern Deutschlands in alphabetischer Reihenfolge. Heute berichten wir über die “Hubschrauberrettung“ in der Freien und Hansestadt Hamburg.

Historische Entwicklung

Die Luftrettung im ureigensten Sinne hat in Hamburg eine sehr lange und äußerst beeindruckende Geschichte, die ihren Anfang während der gigantischen Sturmflutkatastrophe am 16./17. Februar 1962 nahm. 340 Personen starben, über 60.000 Menschen waren infolge von Deichbrüchen vom Wasser eingeschlossen, mehr als 6.000 Gebäude wurden total beschädigt und 20.000 Menschen wurden evakuiert.

Als Krisenmanager aller erste Güte erwies sich der damalige Polizeisenator der Freien Hansestadt und spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt, der noch in der Nacht von einer Sitzung in Berlin nach Hamburg fuhr und in den frühen Morgenstunden die Einsatzleitung übernahm. Da die Einheiten von Feuerwehr, Hilfsorganisationen und THW sowie Hamburger Polizei und damaligem Bundesgrenzschutz (BGS) – der heutigen Bundespolizei (BPOL) – bei weitem nicht ausreichten, forderte Schmidt zur Katastrophenhilfe Unterstützung bei der Bundeswehr und befreundeten NATO-Streitkräften an.

Neben vielen Soldaten mit Fahrzeugen und Booten trafen bereits in den frühen Morgenstunden des 17. Februar 1962 bei sehr schlechten Wetterbedingungen, d.h. starke Sturmböen und Starkregen, die ersten Bundeswehr-Hubschrauber aus Bückeburg, Celle und Rheine sowie weitere Militärhubschrauber der amerikanischen und britischen Streitkräfte in der Hansestadt ein. Unverzüglich wurden die Hubschrauber zur Lageerkundung und zur Menschenrettung von Dächern und Bäumen eingesetzt. Alleine am ersten Tag retteten die Hubschrauber unter widrigsten Flugbedingungen 400 vom Wasser eingeschlossene Personen aus akuter Lebensgefahr. Nachfolgend trafen auch noch größere Hubschrauber ein. Schnellstens wurden provisorische Landestellen im Stadtgebiet eingerichtet und Logistik-Ketten mit Booten, Lastkraftwagen und Helfern organisiert, so dass die Hubschrauber sofort zur Versorgung der Hamburger Bevölkerung, u.a. mit Baby-Nahrung, kleinen Kochgeräten, Kleidung, Lebensmitteln und Wasser, eingesetzt werden konnten, woraus ein ganz besonders inniges Verhältnis zwischen den Hamburger Bürgern und der Bundeswehr entstand.

„SAR Hamburg 71“ – Der Bundeswehr-RTH in der Stadtrettung

Nach den sog. Rettungszentren (RZ) am Bundeswehrkrankenhaus (BwK) Ulm im November 1971 und am Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZK) Koblenz im Januar 1973 wurde im gleichen Jahr am 16. Juli 1973 am BwK Hamburg im Bezirk Wandsbek, d.h. im Nordosten der Hansestadt, ein weiterer Rettungshubschrauber (RTH) der Bundeswehr in Dienst gestellt. Für die Stationierung des RTH in der Freien und Hansestadt Hamburg hatte sich insbesondere Hamburgs Innensenator Helmut Schmidt eingesetzt. Der RTH vom Muster Bell UH-1D des SAR-Dienstes der Luftwaffe trug zunächst den Rufnamen „Florian Hamburg Rettungshubschrauber“, bis er später seinen bekannten militärischen Rufnamen „SAR Hamburg 71“ erhielt. Liebevoll wurde der Bundeswehr-RTH von seinen Crews auch „Anneliese“ genannt.

Der “SAR Hamburg 71“ wurde oft als schneller Notarztzubringer eingesetzt

Der “SAR Hamburg 71“ wurde oft als schneller Notarztzubringer eingesetzt

Foto: Harald Rieger

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Dass aller Anfang bekanntlich schwer ist, zeigte sich auch in Hamburg. Die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) der medizinischen Crew bestand Anfangs aus einem üblichen Kampfanzug, im Winter durch einen typischen Bundeswehr-Paka ergänzt. Orange Fliegerkombis und graue Fliegerjacken, damals natürlich noch ohne Reflexstreifen und Rückenschilder, gab es erst später. Auch war viel Improvisation gefragt, da es keine Ausrüstungsstandards und somit auch keinen standardisierten medizinischen Rüstsatz gab, wie dies erst in den 1980er Jahren erfolgte. So war die damalige Ausrüstung erheblich schwerer wie heute, beispielsweise hatte der erste Defibrillator ein stolzes Gewicht von dreizehn Kilogramm, was so manchen an seine körperlichen Grenzen brachte! Da aber damals wie heute Luftrettung eine Herzenssache aller Beteiligten war und ist, wurde und wird die Ausstattung kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert. Dabei wurde dann auch die Ausrüstung und Medizintechnik stetig leichter und handhabbarer, wie zum Beispiel der schwere Notarztkoffer, der längst durch einen Notfallrucksack ersetzt wurde.

Darüber hinaus gab es auch keine einheitlichen Standards zur notfallmedizinischen Ausbildung und Behandlung, die erst aus den Erfahrungen in der Praxis entwickelt werden mussten. Neben „Learning by doing“ war auch sehr viel Eigeninitiative notwendig. Der Vorgesetzte eines jungen Notarztes soll damals wegen dessen eigensinniger und abenteuerlicher Vorgehensweisen scherzeshalber gesagt haben: „Sie bringen mich noch vors Kriegsgericht“. Dies spiegelt beeindruckend den damaligen Zeitgeist in der sich gerade im Aufbau befindlichen Notfallmedizin und Luftrettung wider, wo neben der Arbeit am Patienten viel Entwicklungsarbeit zu leisten war.

Gut ein Jahr später wurde am BwK Hamburg von der Bundeswehr ein Notarztwagen (NAW) mit dem Rufnamen „NAW 21 Berta“ stationiert, der damit der zweite in Hamburg war. Mit der Stationierung von RTH und NAW wurden die Rettungsmittel, wie bei der Bundeswehr üblich, in einem sogenannten Rettungszentrum (RZ) zusammengefasst. Damit war und ist der wechselweise Einsatz der Notärzte und Einsatzsanitäter, später Rettungssanitäter und Rettungsassistenten, heute sogar Notfallsanitäter, sowohl im bodengebundenen Rettungsdienst als auch in der Luftrettung verbunden.

Da der olivgrüne RTH nach Feststellung eines kleinen Mädchens auch einer Schildkröte ähnlich sah, wurden Aufkleber und Aufnäher mit einer solchen und der Aufschrift „Turtle Airlines“ kreiert. Über zehn Jahre nach seiner Stationierung bekam der „SAR Hamburg 71“ im Jahr 1984 einen Hangar und eine Betankungsanlage, womit die täglichen Transferflüge zur nächtlichen Unterbringung in die Marseille-Kaserne am Fliegerhorst Uetersen in der Gemeinde Appen des Kreises Pinneberg (Schleswig-Holstein) entfallen konnten.

Auf der Aufnahme aus dem Juli 2004 ist der Hangar gut zu sehen – er wurde inzwischen durch einen zweiten, größeren ergänzt

Auf der Aufnahme aus dem Juli 2004 ist der Hangar gut zu sehen – er wurde inzwischen durch einen zweiten, größeren ergänzt

Foto: Harald Rieger

In die Geschichte des „SAR Hamburg 71“ ist auch der 16. Juli 1990 eingegangen, als die Bundeswehr-Maschine ihren ersten grenzüberschreitenden Einsatz in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) geflogen hat. Zu den vielen Kuriositäten dieser Zeit zählt sicherlich auch, dass im Osten des alliierten Luftraumes, d.h. über der damaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. der DDR, die Flugsicherung der sowjetischen Streitkräfte das Kommando hatte. Nur beherrschte leider keiner der RTH-Crew die russische Sprache. Aber der Einsatz konnte dennoch erfolgreich durchgeführt werden!

Ab dem 15. Februar 1997 wurde der „SAR Hamburg 71“ zum Fernsehstar und flimmerte jeden Mittwoch in die heimischen Wohnzimmer. Mit der ZDF-Serie „Die Rettungsflieger“ wurde der olivgrüne Teppichklopfer mit der Notarzt-Aufschrift nicht nur bundesweit, sondern sogar europaweit berühmt. In zehn Jahren wurden in elf Staffeln insgesamt 108 Folgen in der Hamburger Lettow-Vorbeck-Kaserne, die als Filmkulisse für das RZ diente, gedreht. Dazu stellte die Bundeswehr einen echten SAR-Hubschrauber als Requisite sowie Fachberater zur Verfügung.

Ende der 1990er Jahre wurde die Tankanlage erneuert. Auch der 3. Juni 1998 ist in die Geschichte des „SAR Hamburg 71“ eingegangen, als der Bundeswehr-RTH nicht wie üblich von seiner zivilen Standortleitstelle „Florian Hamburg“, sondern von seiner SAR-Leitstelle in Münster alarmiert und damit aus dem Hamburger Rettungsdienst herausgenommen wurde. Denn unmittelbar nach Kenntnis über das schwere Zugunglück in Enschede reagierte die SAR-Leitstelle sofort und schickte neben weiteren SAR-Hubschraubern auch eigenständig den „SAR Hamburg 71“ an den Katastrophenort, der dort zu den erst eintreffenden Luftrettungsmitteln gehörte.

Die Polizei – dein Freund und Helfer: deshalb stellten Landungen in der Hamburger Innenstadt für die Piloten des “SAR Hamburg 71“ selten ein Problem dar, ...

Die Polizei – dein Freund und Helfer: deshalb stellten Landungen in der Hamburger Innenstadt für die Piloten des “SAR Hamburg 71“ selten ein Problem dar, ...

Foto: Harald Rieger

..., wie auch diese Aufnahme eindrucksvoll illustriert

..., wie auch diese Aufnahme eindrucksvoll illustriert

Foto: Harald Rieger

Der 14. März 2002 ist der schwärzeste und zugleich traurigste Tag in der Geschichte des „SAR Hamburg 71“, als der Hamburger RTH nach einem gerade erfolgten Einsatzabbruch auf dem Rückflug zur Luftrettungsstation am BwK um 9.22 Uhr im Stadtteil Hummelsbüttel abstürzte und anschließend in Brand geriet. Dabei wurde die Einsatzmaschine des Musters Bell UH-1D mit der militärischen Kennung 71+76 völlig zerstört. Alle fünf Besatzungsmitglieder – zusätzlich zur regulären Crew befand sich eine Ärztin im Praktikum an Bord – fanden dabei den Tod. Trotz des großen Entsetzens und der unbeschreiblichen Trauer der Kameraden wurde unmittelbar nach Bekanntwerden des tragischen Flugunfalls eine Ersatzmaschine des gleichen Musters zur Sicherstellung der Luftrettung vom fliegerisch zuständigen Lufttransportgeschwader 63 (LTG 63) von Hohn nach Hamburg verlegt, während das BwK eilig eine weitere medizinische Crew zusammenstellte. Bereits kurze Zeit später konnte der Reserve-RTH bei „Florian Hamburg“ einsatzbereit gemeldet werden. Sechs Tage nach dem Unglück fand am 20. März 2002 eine bewegende Trauerfeier mit 600 Gästen beim LTG 63 in Hohn statt, und einen Tag später konnten auch die Bürger im Hamburger Michel Abschied von den fünf verstorbenen Rettungsfliegern nehmen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg ergaben, dass die fliegerische Besatzung, d.h. Pilot und Bordwart, zum Zeitpunkt des Unfalls betrunken waren. Vor dem RZ des BwK Hamburg wurde ein Gedenkstein mit den Namen der fünf Crew-Member des abgestürzten „SAR Hamburg 71“ aufgestellt, wo ihnen ein ehrendes Andenken bewahrt wird sowie die Angehörigen und Kameraden am Jahrestag den Verstorbenen gedenken können.

„Christoph 29“ – Mit dem Zivilschutz-Hubschrauber in eine neue Ära

Infolge des kompletten Rückzuges der Bundeswehr als Betreiber von RTH, d.h. der fliegerischen Komponente, wurde die Luftrettungsstation am BwK Hamburg Anfang Januar 2006 durch die Bundeswehr an das Bundesministerium des Innern (BMI) übergegeben. Eine besondere Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und der Hansestadt Hamburg bezüglich des Rettungsdienstes machte eine Nachfolge durch einen staatlichen bzw. behördlichen Betreiber erforderlich, woraus die Beauftragung im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) auf das BMI gefallen ist. Vor diesem Hintergrund arbeiten in der Hamburger Luftrettung gleich vier Bundesbehörden, nämlich die Bundeswehr, das BMI, die Bundespolizei (BPOL) und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) seit fast 15 Jahren reibungslos zusammen.

Am 19. Januar 2006 kehrte der „SAR Hamburg 71“ um 12.57 Uhr nach 32 Jahren Luftrettung in der Hansestadt von seinem letzten Einsatz zurück und wurde bei der Leitstelle „Florian Hamburg“ letztmalig abgemeldet. Zeitgleich wurde der neue „Christoph 29“ erstmals „eingemeldet“, wie die Meldung der Einsatzbereitschaft in Hamburg fachlich bezeichnet wird. Damit wurde der olivgrüne SAR-Hubschrauber des Musters Bell UH-1D mit Piloten und Bordwarten der Luftwaffe durch einen orangefarbenen Zivilschutz-Hubschrauber (ZSH) des Bundes vom Typ Bell 212 mit Piloten und Bordtechnikern der Bundespolizei-Fliegerstaffel Nord – die heutige Bundespolizei-Fliegerstaffel Fuhlendorf – abgelöst. Im Rahmen eines standesgemäßen Fly-Outs verabschiedete sich die Bell UH-1D gemeinsam mit zwei weiteren Bell UH-1D der Luftwaffe in einem Formationsflug über der Hansestadt zum truppenstellenden Verband, dem LTG 63, nach Hohn in Schleswig-Holstein.

Am 19. Januar 2006 löste die zweiturbinige orange Bell 212 des Zivilschutzes die einturbinige olivgrüne Bell UH-1D der Bundeswehr ab

Am 19. Januar 2006 löste die zweiturbinige orange Bell 212 des Zivilschutzes die einturbinige olivgrüne Bell UH-1D der Bundeswehr ab

Foto: Harald Rieger

Auch die Bell 212 des Zivilschutzes fungierte in erster Linie als schneller Notarztzubringer

Auch die Bell 212 des Zivilschutzes fungierte in erster Linie als schneller Notarztzubringer

Foto: Patrick Permien

Im Rahmen des nach Koblenz und Ulm dritten zivil-militärischen Betreiberkonzeptes wird damit auch in Hamburg ein ziviler Betreiber mit militärischer Sanitätscrew eingesetzt, d.h. das BwK stellt weiter die Notärzte und die Notfallsanitäter/TC-HEMS, während die Bundespolizei die Piloten und die Bordtechniker stellt. Die offizielle Abschiedsfeier erfolgte am 28. April 2006 hinter dem BwK, wo Hubschrauber des Musters Bell UH-1D der Bundeswehr und Einsatzhubschrauber der BPOL der Muster Bell 212 und EC 155 mit ihren Besatzungen angetreten waren. In den folgenden Monaten wurde auch als Einsatzreserve interimsweise eine mit medizinischer Ausstattung versehene grüne Bell 212 der BPOL eingesetzt.

Am 4. Juli 2007 wurde die Bell 212 (D-HBZS) nach 18-monatiger Einsatzzeit gegen eine brandneue EC 135 T2i (D-HZSB) ausgetauscht, womit sowohl der Bordtechniker als auch die Rettungswinde weggefallen sind. Wenige Monate später konnte im Dezember 2007 der neue Hangar der Luftrettungsstation am BwK Hamburg in Betrieb genommen werden, wo nun auch die EC 135 T2i adäquat untergebracht werden kann.

Die Bell 212 flog nur rund anderthalb Jahre als “Christoph 29“ und wurde im Juli 2007 durch eine moderne EC 135 T2i abgelöst

Die Bell 212 flog nur rund anderthalb Jahre als “Christoph 29“ und wurde im Juli 2007 durch eine moderne EC 135 T2i abgelöst

Foto: Harald Rieger

Gut zu sehen: die neue Tankanlage und der Hangar für die vierblättrige EC 135 T2i

Gut zu sehen: die neue Tankanlage und der Hangar für die vierblättrige EC 135 T2i

Foto: Jörn Fries

Aber was wären die Hamburger ohne ihre „Anneliese“, die einfach fehlte. Deshalb bemühte sich eine bereits kurz nach dem Abzug des „SAR Hamburg 71“ gegründete Interessengemeinschaft um die Heimkehr der Huey. Im Rahmen der Jubiläumsfeier „50 Jahre BwK Hamburg“ wurde am 30. August 2008 eine SAR-Bell als Denkmal mit einer Info-Tafel aufgestellt. Damit sollte auch das immense Engagement der Soldatinnen und Soldaten der Luftwaffe sowie des BwK und des Sanitätsdienstes der Bundeswehr hervorgehoben werden, die im Rahmen ihrer oftmals in der „Stadtrettung“ äußerst schwierigen Einsätze tausende Menschenleben gerettet haben.

Gedenkstein und Bell UH-1D erinnern an die Zeit des “SAR Hamburg 71“

Gedenkstein und Bell UH-1D erinnern an die Zeit des “SAR Hamburg 71“

Foto: Jörn Fries

Im Oktober 2006 bekam das RZ am BwK Zuwachs durch einen Rettungswagen (RTW) der Hamburger Feuerwehr und im März 2009 durch ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) der Bundeswehr. Darüber hinaus entstand im Frühjahr 2011 unmittelbar an der Luftrettungsstation eine neue Fahrzeughalle für alle bodengebundenen Rettungsmittel des BwK-RZ Hamburg. Am 18. August 2016 ging mit der Fertigstellung des neuen Landeplatzes an der Luftrettungsstation des BwK ein mehrmonatiges Provisorium zu Ende, da „Christoph 29“ während der Baumaßnahme zur Polizeihubschrauberstaffel Hamburg auf den Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel verlegt werden musste.

Derzeit verfügt das RZ am BwK Hamburg neben dem RTH „Christoph 29“ über den Notarztwagen „NAW 23 Berta“, das Notarzteinsatzfahrzeug „NEF 15 Cäsar“, zwei Intensivtransportwagen „ITW 23 Dora“ und ein Mehrzweckfahrzeug (MZF) der Bundeswehr sowie den Rettungswagen „RTW 23 Gustav“ der Hamburger Feuerwehr, die gemeinsam im Rahmen der ZMZ rund 8.000 Einsätze im Jahr absolvieren. Für die Bundeswehr ist der Einsatz ihres Sanitätspersonals im zivilen Rettungsdienst eine Win-Win-Situation. Einerseits kann die Bundeswehr an der Notfallrettung der Hamburger Bevölkerung mitwirken, andererseits wird durch die sog. „Inübunghaltung“ eine intensive Aus- und Fortbildung sowie ein praxisnahes Einsatztraining gewährleistet, was für die Soldatinnen und Soldaten bei ihrer schwierigen Auftragserfüllung in den Einsatzländern, teilweise auch unter Gefechtsbedingungen, außerordentlich hilfreich ist.

„Christoph Hansa“ – Der ITH mit vielen Rettungseinsätzen

Am 2. Februar 1990 ging „Christoph Hansa“, anfangs ADAC-intern auch als „Christoph 50“ geführt, als erster Ambulanzhubschrauber (AHS) der ADAC Luftrettung am Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus (BUK), dem heutigen BG Klinikum, Hamburg-Boberg im Osten der Hansestadt an den Start. Die Einsatzmaschine vom Typ BO 105 CBS-4 trug das Kennzeichen D-HHBG in Anlehnung an den Standort.

Anfänglich flog in Boberg eine BO 105 CBS-4 mit der Kennung D-HHBG als “Christoph Hansa“

Anfänglich flog in Boberg eine BO 105 CBS-4 mit der Kennung D-HHBG als “Christoph Hansa“

Foto: Andreas Uhl

Der AHS hatte einen Einsatzradius für Verlegungsflüge, sog. Sekundärtransporte, von rund 300 km. Anfangs war der gelbe AHS an die Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Hamburg angebunden. Eine Zwei-Minuten-Bereitschaft, auch als Primärbereitschaft bezeichnet, und die Alarmierung erfolgten ab dem 1. Oktober 1991 über Funkalarmmeldeempfänger (FME). Wie sein „Nachbar“ am BwK Hamburg, der „SAR Hamburg 71“ – der heutige „Christoph 29“ – , wurde auch „Christoph Hansa“ ab Februar 1997 über Digitale Meldeempfänger (DME) von der Integrierten Leitstelle (ILS) der Feuerwehr Hamburg, Rufname: „Florian Hamburg“, alarmiert. Abweichend von den anderen RTH/ITH im Tagesbetrieb ist „Christoph Hansa“ von 8.00 Uhr bis Sonnenuntergang, spätestens jedoch bis 21.00 Uhr, einsatzbereit.

Eine weitere Besonderheit beim „Christoph Hansa“ besteht in der Besetzung seiner Crew. Während die Piloten wie gewohnt bei einem gelben RTH von der ADAC Luftrettung und die Notärzte vom Standortkrankenhaus gestellt werden, wird der Notfallsanitäter, zugleich TC HEMS, abweichend nicht von der Feuerwehr bzw. den Hilfsorganisationen oder der ADAC Luftrettung, sondern vom BG Klinikum Hamburg-Boberg gestellt. Vor diesem Hintergrund sind die Notfallsanitäter auch Anästhesie- bzw. Intensivfachpflegekräfte und verfügen somit über eine besonders hohe Qualifikation.

Im Laufe der Jahre wurde der Status von „Christoph Hansa“ an die bundeseinheitliche Bezeichnung Intensivtransporthubschrauber (ITH) angeglichen, wobei er durch die Veränderung des Einsatzspektrums hin zu deutlich mehr Primäreinsätzen (Notfalleinsätze) mit 85% längst zu einem Dual-Use-Hubschrauber (RTH/ITH) geworden ist. Dabei kommt die gelbe Einsatzmaschine größtenteils in der „Stadtrettung“ zum Einsatz, welche hohe fliegerische Anforderungen stellt.

Am 10. Juli 1997 wurde die BO 105 CBS-4 durch eine MD 900 Explorer (D-HMDX) ersetzt. Bis zur Fertigstellung des Hangars mit den obligatorischen Räumlichkeiten im Jahr 2003 bestand die Luftrettungsstation am BG Klinikum Boberg aus einem Provisorium mit einem Zelthangar und Containern. Im darauf folgenden Jahr wurde Ende Mai 2004 die MD 900 durch eine EC 135 P2 (D-HDEC) ersetzt.

Ihr folgte eine MD 900

Ihr folgte eine MD 900

Foto: Harald Rieger

Stolz präsentiert sich die Crew des Dual-Use-ITH “Christoph Hansa“ Ende Mai 2008 vor ihrer neuen D-HHBG, eine EC 135 P2

Stolz präsentiert sich die Crew des Dual-Use-ITH “Christoph Hansa“ Ende Mai 2008 vor ihrer neuen D-HHBG, eine EC 135 P2

Foto: Jörn Fries

Die ADAC Luftrettung beschaffte Mitte des Jahres 2007 eine EC 135 P2, die das Kennzeichen der ersten und ausgemusterten BO 105 CBS-4 in Hamburg bekam, nämlich den Kenner D-HHBG. Ende Juli 2020 wurde der bisherige Dual-Use-Hubschrauber durch eine zwar gebrauchte, aber neuere Einsatzmaschine des gleichen Typs mit stärkerer Leistung ausgetauscht. Somit wurde aus der EC 135 P2 eine EC 135 P2i (auch als EC 135 P2+ bezeichnet) mit dem Kennzeichen D-HXAE. Diese wurde zuvor von der ADAC Luftrettung in den Niederlanden an der Luftrettungsstation „Lifeliner Europa 4“ in Groningen mit der niederländischen Kennung PH-MMT eingesetzt. In diesem Jahr konnte anlässlich des 30-jährigen Jubiläums eine stolze Bilanz gezogen werden, denn „Christoph Hansa“ hat in den vergangenen drei Jahrzehnten über 32.000 Rettungseinsätze geflogen.

Rechtsgrundlagen der Luftrettung

Die Regelungen zur Luftrettung sind im Hamburgischen Rettungsdienstgesetz (HmbRDG) vom 30. Oktober 2019, geändert durch Gesetz vom 12. Juni 2020, enthalten. Neben allgemeinen Regelungen sind die speziellen Bestimmungen im Vierten Teil, § 29 Krankentransport mit Luftfahrzeugen, festgehalten. Im Abs. 1 sind die Voraussetzungen für das Betreiben von Luftfahrzeugen für den Krankentransport festgelegt, wobei luftverkehrsrechtliche Vorschriften unberührt bleiben. Darüber hinaus enthält der Abs. 2 die spezifischen Anforderungen an Art, Ausstattung, Ausrüstung und Wartung des Luftfahrzeuges, die im Einzelfall entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik und dem Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden.

Gegenwärtiger Stand

Derzeit sind in der Freien und Hansestadt Hamburg zwei Luftrettungsmittel stationiert. Neben dem RTH „Christoph 29“ wird auch der Dual-Use-Hubschrauber „Christoph Hansa“ größtenteils in der Primärrettung eingesetzt. Bundesländer-übergreifend können die beiden Luftrettungsmittel auch im benachbarten Mecklenburg-Vorpommern, in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein eingesetzt werden.

Autoren

Wir danken:
allen Bildautoren, deren historische und aktuelle Aufnahmen die Reportage aufgelockert haben

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Über rth.info und unser Themenspektrum

Wir vom Nachrichtenmagazin rth.info berichten ehrenamtlich über Rettungshubschrauber, also notfallmedizinisch ausgerüstete und besetzte Helikopter, die im Rettungsdienst eingesetzt werden. Hubschrauber sind wertvoll als Rettungsmittel, da sie schnell, wendig und unabhängig vom Straßennetz sind. Ebenso dienen sie zum eiligen Transfer von Intensivpatienten zwischen Kliniken.

Für die Luftrettung besteht ein dichtes Standortnetz – sowohl von Rettungshubschraubern, als auch von Intensivtransport-Hubschraubern für den Interhospitaltransfer (siehe unsere Standortkarte). Die Standorte werden von staatlichen und nichtstaatlichen Betreibern unterhalten. Die ADAC Luftrettung stellt die meisten zivilen Rettungshubschrauber in Deutschland. Die DRF Luftrettung betreibt auch besonders viele Luftrettungszentren in Deutschland. Ihr Vorgänger war die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. – bis zum Wechsel von Name und Rechtsform (2008). Weitere wichtige Betreiber, darunter das Bundesministerium des Innern mit seinen Zivilschutzhubschraubern, stellen wir hier vor.

Hubschrauber ergänzen den Rettungsdienst am Boden in medizinischen Notlagen. Sie sollen nicht den Bodenrettungsdienst ersetzen, da Rettungshubschrauber nicht allwetterfähig sind. Luftretter unterscheiden mehrere Einsatzarten. Die wichtigsten sind primäre Notfalleinsätze an einem Einsatzort und sekundäre Patiententransporte von einer Klinik zur anderen. In der Luftrettung kommt komplexe notfallmedizinische Technik zum Einsatz, die u.a. Anaesthesie, Chirurgie, Innere Medizin und Pädiatrie abdeckt.

"Helicopter Emergency Medical Services", kurz HEMS, ist die englische Bezeichnung für Luftrettungsdienst. Der Assistent des Notarztes wird daher als HEMS TC bzw. HEMS Crew Member bezeichnet. Zahlreiche Piloten verdienen in der Luftrettung ihren Lebensunterhalt – für viele Fans ein Traumberuf. Die Betreiber setzen viele Flugstunden und Erfahrung voraus.

Der aktuell bedeutsamste europäische Hubschrauberhersteller ist Airbus Helicopters mit seinen Baumustern H135, H145, und weiteren. Der US-amerikanische Hubschrauberhersteller Bell hat mit den Baumustern Bell 212, Bell 222, Bell 412, die Luftrettung mit geprägt, aber seit ca. 2010 Marktanteile an Airbus Helicopters verloren. Beschreibungen weiterer Hubschrauber-Hersteller finden Sie in unseren Typentexten.

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