Christoph 16 - "Qualitätsretter aus dem Saarland"
15.11.2003
Die Station im langsam abziehenden Morgendunst
Foto: Bernhard Rühl
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Früh hatten wir uns auf den Weg gemacht – und bekamen das Problem der RTH- Station buchstäblich "vor Augen geführt": Wir sahen, dass wir (und vor allem der Pilot) erst einmal nichts sahen...! Die Station an den Winterbergkliniken lag im Frühnebel – ein Problem, was die Einsatzbereitschaft des Rettungshubschraubers beeinträchtigt, vor allem im Herbst und im Frühjahr. Häufig, wenn wie an diesem Tag im Raum Pirmasens schon strahlender Sonnenschein herrscht, sind die Sichtflugverhältnisse auf dem Winterberg, dem das Klinikum der Maximalversorgung mit ca. 800 Betten seinen Namen verdankt, eher bescheiden...
Einsatzklar steht die Maschine auf der Landeplattform; im Hintergrund der Hangar
Foto: Bernhard Rühl
Seit dem 14.04.1978 ist ein Rettungshubschrauber am Winterbergklinikum in Saarbrücken stationiert. Bis zum 30.06.1996 wurde die Station vom BMI und der Berufsfeuerwehr Saarbrücken mit einer BO 105 geführt, am 01.07.1996 hatte der ADAC die Station in Zusammenarbeit mit dem DRK Saarland, ebenfalls mit einer BO 105, übernommen. Heute fliegen die Saarland-Retter mit einer EC 135 P1, Kennzeichen D–HAIT, die 1999 in Dienst gestellt wurde und die Seriennummer 112 trägt. „Eine extrem zuverlässige und wartungsarme Maschine“ lobt der diensthabende Pilot, Rüdiger Neu, seinen "Arbeitsplatz" – die 112 hat die Retter bis jetzt nie in Stich gelassen - ob das an der "Notrufnummer" liegt...?
Seit der Inbetriebnahme gab es nur 2 Zwischenfälle, einmal eine Triebwerksauflösung mit Zerstörung des zweiten Triebwerkes während des Startvorganges an einer Einsatzstelle mit der BMI-Maschine, zum zweiten ein Einflug in eine Freileitung beim Landeanflug auf einen Notfallort, mit der BO 105 des ADAC. Bei beiden Vorfällen gab es keine Verletzten.
Ein Teil des notfallmedizinischen Equipments
Foto: Bernhard Rühl
Heute werden im Jahr ca. 1.350 Einsätze geflogen (genaue Zahl in 2002=1.309), davon 95% primär und nur 5% sekundär, wobei es sich hier um sog. "post-primäre" Einsätze handelt, in denen Akutpatienten unmittelbar nach Eintreffen in einer Klinik nach der Erstversorgung in eine Spezialabteilung zur weiteren Versorgung (z.B. Neurochirurgie / Verbrennungsabteilung) weiterverlegt werden. Die Fehleinsatzquote liegt bei 12,2%, was dem Durchschnitt aller ADAC-Luftrettungsstationen entspricht. Aufgrund der Größe des Einzuggebietes und der Klinikdichte (25 Kliniken liegen im Einsatzbereich des RTH) im Bundesland Saarland werden Sekundärverlegungen meist bodengebunden vom landeseigenen Intensivmobil (stationiert bei der Berufsfeuerwehr Saarbrücken), oder per ITH (z.B. Christoph 77- Mainz bzw. Christoph 53-Mannheim) durchgeführt, wodurch Christoph 16 somit fast uneingeschränkt für reine Primäreinsätze im Radius von 50 – 70 km um Saarbrücken zur Verfügung steht. Nachts wird der RTH nicht eingesetzt.
In 2002 verteilten sich die Einsatzindikationen wie folgt:
- 40,6 % verletzungsbedingt (chirurgische Indikation)
- 59,4 % erkrankungsbedingt (internistische Indikation)
Etwa 2/3 der ärztlich begleiteten Patienten wurden bodengebunden zur Zielklinik transportiert.
Alarmstart: Der Notarzt auf dem kurzen Weg zur Maschine
Foto: Bernhard Rühl
Die nächsten RTH- Stationen im benachbarten Ausland befinden sich:
- Luxemburg (Christoph Lux 1+2)
- Frankreich (Nancy) SAMU 57
Es kommen aber weder aus Luxemburg, noch aus Frankreich primäre Anforderungen an die Leitstelle Winterberg, die im gleichen Haus untergebracht ist, wie die RTH- Station und über die Christoph 16 alarmiert und eingesetzt wird. Im Gegensatz dazu fliegen die Saarländer allerdings mit französischen, bzw. luxemburgischen Staatsbürgern hin und wieder in deren Heimatkliniken, wenn diese z.B. in Deutschland grenznah verunfallen oder erkranken.
Seit den Vorbereitungen der Amerikaner zum Irak-Krieg darf das US-Hospital in Landstuhl nicht mehr angeflogen werden, obwohl die US-Armee früher darauf drängte, das alle verletzten/erkrankten Armeeangehörigen in ein US-Krankenhaus transportiert werden.
Unmittelbar vor dem Takeoff
Foto: Bernhard Rühl
Die ärztliche Besetzung erfolgt überwiegend durch Anästhesisten ( 80%), des weiteren durch Chirurgen (15%) und Internisten (5%), wobei die Facharztquote ca. 70% beträgt und damit das hohe Niveau der Qualifikation der Notärzte bestätigt. Bevor einer der zurzeit 20 Ärzte eigenverantwortlich fliegen darf, muss er die Zusatzqualifikation "Notfallmedizin" besitzen und 6 Monate unter Aufsicht eines Mentors an Einsätzen teilnehmen. Weiterhin beschäftigt der ADAC 3 Piloten an der Station, das DRK Saarland stellt 5 Rettungsassistenten.
Qualität in der Luftrettung wird eben in Saarbrücken ganz groß geschrieben – der verantwortliche Oberarzt für den Bereich Notfallmedizin, Dr. Schlechtriemen, ist außerdem für das Qualitätsmanagement ALLER ADAC-Luftrettungsstationen zuständig.
Medizinische Ausstattung:
Es ist wieder Ruhe eingekehrt
Foto: Bernhard Rühl
- EKG/ Defibrillator Bruker 2002 mit Pulsoxymeter-, Kapnometrie- und Schrittmachermodul (Umrüstung auf Corpuls 08/16 ist geplant)
- Bruker 902 Überwachungseinheit in der Maschine
- Beatmungsgerät Oxylog 3000
- Rettungsrucksack Modell "Wasserkuppe"
- Vakuum- und Pneuschienen
- DIN-Trage
Spritzenpumpen/ Injektomaten werden nicht mehr mitgeführt, da diese nach Erfahrungen der Crew nur ausgesprochen selten benutzt wurden und das Gewicht der Maschine nur unnötig erhöhten.
Die EC 135 wurde weiterhin mit einer Windenvorrüstung versehen, die bei den P1 – Modellen häufig montiert ist.
Die Verbundenheit zur Station dokumentiert das Abzeichen
Foto: Bernhard Rühl
Der Hangar der Station ist so ausgelegt, das alle anfallenden Arbeiten an der Maschine notfalls direkt dort ausgeführt werden können, hierzu ist ein Deckenkran sowie zusätzliche Beleuchtung für Nachtarbeiten montiert worden. Außerdem wurde eine spezielle Arbeitsbühne für die EC 135 beschafft.
Besonders gefreut hat uns die außerordentliche Freundlichkeit und Offenheit, mit der wir von der gesamten Crew, die an diesem Tag aus Pilot Rüdiger Neu, RA Jürgen Fecht und Notarzt Dr. Schlechtriemen bestand, empfangen wurden. Der leitende RA, Dominik Schäfer ließ es sich nicht nehmen, an seinem freien Sonntag sogar extra zur Station zu kommen, um uns die Einzelheiten der Maschine und der Station persönlich zu zeigen und zu erklären.
Wir wünschen allen Mitarbeitern stets guten Flug, erfolgreiche Einsätze und "many happy landings".
Autoren
- Wir danken:
- Team Christoph 16