Christoph 7 - ein echter "Familienbetrieb"
05.01.2004
Gelbe BO105 des Katastrophenschutzes
Foto: Archiv Christoph 7
- Anzeige -
Die RTH- Station Christoph 7 am Kasseler Rot-Kreuzkrankenhaus ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes – Dachlandeplatz auf einem Altbau mitten in der Stadt, trotzdem keine Beschwerden durch Anwohner über Fluglärm, kein Hangar, keine Tankanlage und dennoch reibungsloser Flugbetrieb... Gründe genug für eine Reportage...!
Schon der Empfang unseres Teams war sehr familiär – nicht verwunderlich, sind doch alle der anwesenden neben Job auf dem Hubschrauber persönlich mit „ihrem“ Christoph 7 verbunden: Die diensthabende Crew (Pilot Hans Bäuml, Rettungsassistent Wilfried Schüttenberg, Notarzt Dr. Christian Haase) ist, wie der ebenfalls anwesende stellvertretende leitende Notarzt Dr. Peter Stahl, ausnahmslos auch im Vorstand des „Fördervereins der Station Christoph 7“ vertreten, über den wir noch gesondert berichten werden.
BO 105 des BGS als Rettungshubschrauber in Kassel
Foto: Klaus Röde
Der Rettungshubschrauber "Christoph 7", der am 17.12.1974 in Dienst gestellt wurde, ist seit jeher integraler Bestandteil der Zivilschutz- Hubschrauberflotte des Bundesinnenministeriums. Wie alle anderen Hubschrauber des Zivilschutzes wird auch "Christoph 7" dem zuständigen Bundesland (Hessen) für die Luftrettung zur Verfügung gestellt. Die Indienststellung des Kasseler Hubschraubers war die 9. RTH-Stationierung in Deutschland. Kurz nach Gründung der Kasseler RTH- Station wurde das dort stationierte Luftrettungsmittel am Funk dementsprechend noch "Christoph 9" gerufen. Zum Einsatz kam üblicherweise eine BO 105 des Katastrophenschutzes in der damals noch obligatorischen gelben Lackierung. Temporär kam auch noch eine BO 105 des Bundesgrenzschutzes zum Einsatz. Diese grün lackierten Maschinen sind später in die Hubschrauberflotte des Zivilschutzes integriert worden. Der Kasseler "Christoph 9" wurde schließlich zugunsten seines heutigen Rufnamens umbenannt.
"Christoph 7" fliegt heute ca. 1350 Einsätze im Jahr, verteilt auf 95% Primär- und 5% Sekundäreinsätze. In vier Prozent der Fälle entpuppt sich der Einsatz als nicht indiziert. 20% der Patienten werden zur Zielklinik geflogen, in 80% der Fälle begleitet der Notarzt den Transport bodengebunden.
Christoph 7 mit dem Modell von Mirko Esterhaus
Foto: Patrik Kalinowski
18 Piloten der BGS-Fliegerstaffel Mitte, 8 Rettungsassistenten des DRK Kassel und 10 Notärzte (4 Internisten und 6 Anästhesisten) des Rot-Kreuz-Krankenhauses Kassel versehen ihren Dienst auf der BO 105 CBS-5 Superfive. Einen interressanten Ausnahmefall gibt es auch hier - als Springer ist ein Rettungsassistent, der normalerweise als BGS-Beamter im Sanitätsbereich der Fliegerstaffel Mitte beschäftigt ist, in der Crew tätig. Der Hubschrauber fliegt wegen dem fehlenden Hangar auf dem Dachlandeplatz der Klinik nachts zur BGS- Fliegerstaffel in Fuldatal und wird auch dort betankt. Von der Staffel aus werden im Ausnahmefall auch Rettungsflüge bei Nacht mit BGS-Maschinen durchgeführt.
Beschwerden von Anwohnern über Fluglärm sind in Kassel kein Problem. Das liegt wohl auch an der Tatsache, dass die Station sehr bürgernah ausgerichtet ist und eine extrem hohe Akzeptanz in der Bevölkerung aufweisen kann. Über sechshundert Mitglieder weiß der Förderverein der RTH-Basis heute in seinen Reihen. Jeder Besucher ist, soweit es der Einsatzbetrieb erlaubt, auch jederzeit in den Räumen der Besatzung willkommen. Als unser Team beim "Christoph 7" zu Gast war, war es beispielsweise der 13-jährige Steffen Bärthel, begeisterter RTH-Fan und angehender Rettungsdienstler, der mit seinen Eltern spontan vorbeischaute.
Christoph 7 einsatzbereit an seinem Stützpunkt
Foto: Bernhard Ruehl
Mit der benachbarten Luftrettungs- Station in Göttingen (dem RTH "Christoph 44" der Deutschen Rettungsflugwacht e.V.) pflegen die Kasseler eine gute Zusammenarbeit, die leitenden RTH-Ärzte stehen in regelmäßigem persönlichen Kontakt. Die Einsatzgebiete der zwei Luftrettungsmittel überschneiden sich zu einem nicht unerheblichen Teil. Die beiden RTH ergänzen sich hervorragend, es werden auch gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt. Als ITH wird in Hessen der "Christoph Reichelsheim" vorgehalten. Die zur Verfügung stehenden Primärluftrettungsmittel können sich so verstärkt ihrer eigentlichen Funktion als Notarztzubringer widmen. In Harste bei Göttingen steht zudem ein ITH (Bell 222) des HSD bereit, der allerdings nicht Teil der öffentlich-rechtlichen Luftrettung ist. Durch die erwähnten Intensivtransport- Hubschrauber kommt auf "Christoph 7" wie oben erwähnt nur eine geringe Sekundäreinsatz- Quote zu, bodengebunden steht in Kassel ausserdem auch ein Intensivmobil (ebenfalls am Rot-Kreuz-Krankenhaus stationiert) für Sekundärtransporte zur Verfügung. Dies kommt seiner originären Funktion (in erster Linie schneller Notarztzubringer) entgegen.
Gerüchten über eine der ersten EC 135, die angeblich in Kassel stationiert werden soll, gibt man hier übrigens keine Nahrung: "Was kommt, das kommt, wir sind mit allem zufrieden…", jedoch wurden alle Ärzte und Rettungsassistenten von Christoph 7 kürzlich in die BGS-Version der EC 135 eingewiesen. Dennoch steht man innovativen, neuen Techniken in Kassel nicht unaufgeschlossen gegenüber. Die Crews setzen in Bezug auf schnelle Navigation inzwischen nicht nur auf Printkarten auf das digitale Kartengerät "map & guide", über das rth.info in einer Reportage bereits berichtet hatte. Auch auf dem Bereich der hochqualitativen medizinischen Versorgung hat man die Zeichen der Zeit erkannt. Ende 2003 ist die RTH-Station "Christoph 7" als bundesweit erste Luftrettungsbasis für ihr Qualitätsmanagement im Rettungsdienst nach DIN-EN 9001 zertifiziert worden. Auch hierüber finden Sie einen separaten Artikel auf rth.info (siehe Nachrichtenarchiv 2003).
Aufnäher Christoph 7
Foto: Team Christoph 7
Übrigens: Das Team von "Christoph 7" informiert auch im Internet über seine Arbeit und den Förderverein des RTH. Den Link finden Sie in der rechten, blau unterlegten Spalte.