Ab 2020 fliegt “Christoph 47“ auch in die Nacht hinein
12.09.2019
Greifswald/Schwerin (MVP) :: Dies geht aus der Antwort namens der Landesregierung durch den für den Rettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern zuständigen Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Harry Glawe auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Matthias Manthei von der oppositionellen Landtagsfraktion Freie Wähler/BMV hervor. Das Schreiben vom 03.09.2019 liegt rth.info vor und wurde auch im Kontextbereich dieser News verlinkt. Es heißt darin wortwörtlich: “Im Laufe des Jahres 2020 wird mit einer Ausweitung der Einsatzzeiten am Luftrettungsstandort in Greifswald gerechnet.“
Ab 2020 sollen die Betriebszeiten des Greifswalder RTH “Christoph 47“ in die fliegerische Nacht ausgeweitet werden (Aufnahme aus dem Juli 2019)
Foto: Jörn Fries
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Erst vor wenigen Tagen hatte Glawe anlässlich einer Landtagsdebatte zusätzliche Hubschrauber im Nordosten gefordert, um die angespannte Situation im bodengebundenen Rettungsdienst zu entspannen. Zuvor war bekannt geworden, dass die Rettungsmittel die gesetzlich vorgegebene Hilfsfrist-Erfüllungsquote von 90 Prozent auch in den letzten Jahren deutlich verfehlten.
Die DRF Luftrettung hat ein eigenes Lärmgutachten für ihre Station Greifswald vorgelegt, das die Zustimmung der Landesregierung fand. Nach Ansicht des beauftragten Gutachters sei “die Schallim[m]issionssituation zumutbar und ohne gesundheitsgefährdende Relevanz“. Weiter heißt es: “Die zu erwartende Fluggeräuschimmission bei Nachtflugbetrieb wird keine schädlichen Umwelteinwirkungen erzeugen. Es wird eingeschätzt, dass keine gesundheitlichen Risiken für die Anwohner bestehen. In Einzelfällen kann es jedoch zu einer Beeinträchtigung der Anwohner kommen.“ Mit der Ausweitung der Betriebszeiten in die fliegerische Nacht sollen insbesondere die beiden von Touristen gut besuchten Inseln Rügen und Usedom davon profitieren, da dort keine Krankenhausstruktur mit Maximalversorgern vorhanden ist.
Minister Glawe forderte kürzlich einen zusätzlichen Hubschrauber für die Insel Rügen; dort ist allerdings schon jetzt ein 24/7/365-Offshore-RTH von NHC stationiert
Foto: Jörn Fries
Eingesetzt wird vom Flugplatz Güttin aus eine EC 155 (hier zu sehen die D-HNHB)
Foto: Tobias Klein
Erstaunlich ist auch folgende Antwort von Minister Glawe auf eine weitere Frage des oppositionellen Abgeordneten: “Die derzeit in Mecklenburg-Vorpommern stationierten RTH sind nicht nachtflugtauglich.“ Und weiter: “Derzeit sind noch keine Maßnahmen realisiert worden, um die RTH technisch für Nachtflug umzurüsten“. Das ist so nicht ganz richtig! Alle in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzten RTH [das sind zurzeit Maschinen vom Typ EC 135 (“Christoph 48“ in Neustrelitz, aktueller Betreiber: ADAC Luftrettung), EC 135 T2i (“Christoph 34“, Güstrow, BMI/BBK) und EC 145 (“Christoph 47“, Greifswald, DRF Luftrettung)] sind nachtflugtauglich. Allerdings sind derzeit weder die Luftrettungsstationen technisch nachgerüstet, noch die auf den Helikoptern eingesetzten Piloten und HEMS TC entsprechend voll ausgebildet. Auch wird mit keiner Silbe auf den am Klinikum Südstadt in der Hansestadt Rostock stationierten Intensivtransportschrauber (ITH) “Christoph Rostock“ hingewiesen. Dieser wird von der Johanniter Luftrettung in Kooperation mit der Firma Rotorflug 24/7/365 betrieben und bereits seit vielen Jahren insbesondere in der fliegerischen Nacht postprimär eingesetzt.
Vom Klinikum Südstadt in Rostock aus wird der 24-Stunden-ITH “Christoph Rostock“ eingesetzt – auch subsidiär für primäre Versorgungen und Transporte
Foto: Jörn Fries
“Durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern wurde kein Luftrettungsgutachten in Auftrag gegeben. Zur[z]eit wird eine landesweite Überplanung der Rettungsdienstbereiche in Mecklenburg-Vorpommern in Verantwortung der Träger des Rettungsdienstes durchgeführt. Hierzu wurde von den Trägern des Rettungsdienstes ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die Ergebnisse dieses Gutachtens werden bei den Planungen und Entscheidungen der Landesregierung zur Weiterentwicklung der Luftrettung Berücksichtigung finden.“
Die AOK Nordost als einer der Kostenträger präzisierte hierzu gegenüber rth.info:
“Seit November 2018 erfolgt durch die Träger des Rettungsdienstes unter Einbindung der Krankenkassen und -verbände (KKV) eine landesweite Überplanung. Die Luftrettung wird in diesem Zusammenhang mitbegutachtet. Mit der Fertigstellung des Gutachtens und der Vorlage erster Ergebnisse ist Ende 2019 zu rechnen.“
Den erneuten öffentlichkeitswirksamen Vorstoß des Gesundheitsministers in Sachen “Ausweitung der Luftrettung (in die Nacht/an weiteren Standorten)“, der nicht mit ihnen abgesprochen war, beurteilte die AOK Nordost wie folgt:
“Das Land ist Träger der Luftrettung und gibt Impulse – erfahrungsgemäß auch öffentlichkeitswirksam. Seit Oktober 2016 ist die Arbeitsgruppe Luftrettung im Auftrag des Landesbeirates aktiv. Diese Arbeitsgruppe befasst sich mit Fragen zu den Strukturen und der zukünftigen Entwicklung der Luftrettung in MV. Der Abschlussbericht wird unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus dem oben genannten Gutachten der landesweiten Überplanung erstellt und im Landesbeirat Rettungswesen beraten. Im Ergebnis ist vorgesehen, der Landesregierung Empfehlungen für die zukünftigen Strukturen der Luftrettung zu geben.“
Erkenntnisse, welche Luftrettungszentren in MVP ausgeschrieben werden (sollen) bzw. wann genau dies geschehen soll, lägen der AOK Nordost nicht vor.
Es entsteht der Eindruck, als ob der zuständige Minister immer wieder den öffentlichen Auftritt suche, die Fachleute im eigenen Haus aber keinerlei eigene Initiativen entwickelten. Das war schon im letzten Jahr so, als Glawe einen RTH für Schwerin forderte (rth.info berichtete). Bis heute sind diesbezüglich allerdings keine Anstrengungen seitens des Ministeriums unternommen worden.
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