Marl-Loemühle, 1. Juli: Fly-Out des ITH “Akkon Bochum 89-1“
02.07.2020
Marl/Bochum (NRW) :: Am frühen Nachmittag des gestrigen Mittwoch (01.07.2020) startete die “White Lady“, eine AS 365 N3 “Dauphin“ mit dem Kenner D-HFVP, zu ihrem Überführungsflug vom Verkehrslandeplatz Marl-Loemühle (EDLM) nach Reichelsheim in die Wetterau (EDFB), wo sie um ca. 15 Uhr landete. Dort hat der Operator der Johanniter Luftrettung, die Firma Heli-Flight GmbH & Co. KG, seinen Stammsitz. Die Maschine, die in den letzten Wochen ihren Dienst als “Akkon Bochum 89-1“ versah, geht nun wieder in den Reservepool.
Am Vortag hatte die aus einem Piloten der Firma Heli-Flight, einem TC-HEMS der Johanniter sowie einem Notarzt bestehende Crew keinen Einsatz mehr geflogen und meldete sich nach zwölfstündiger Einsatzbereitschaft um 21 Uhr bei der zuständigen Leitstelle ab. Bereits am Vormittag des 30. Juni waren die Kollegen der Johanniter Luftrettung aus Gießen und Reichelsheim zum Luftrettungszentrum Bochum gefahren und hatten dort nicht mehr benötigtes Equipment abgefahren. Es lag Wehmut über der Station, wovon sich der Autor dieses Beitrags selbst überzeugen konnte.

Am 30. Juni 2020 stand die “White Lady“ (eine AS 365 N3 von Heli-Flight mit dem Kenner D-HFVP) am Verkehrslandeplatz Marl-Loemühle und wartete mitsamt der Crew auf einen Einsatz – leider vergeblich
Foto: Jörn Fries
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Mit dem so genannten “Fly-Out“ endete vorerst das am 1. April 2016 gestartete vier Jahre und drei Monate dauernde Kooperationsprojekt mit dem Klinikverbund des BG Universitätsklinikums Bergmannsheil, im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen neben den beiden öffentlich-rechtlich beauftragten Intensivtransporthubschraubern (ITH) “Christoph Rheinland“ (Tagflugbetrieb, am Flughafen Köln/Bonn stationiert) und “Christoph Westfalen“ (24/7/365-Betrieb, Station in unmittelbarer Nähe zum Flughafen Münster/Osnabrück) der ADAC Luftrettung und dem unternehmergeführten ITH “Christoph Dortmund“ (Tagflugbetrieb, Flughafen Dortmund) der DRF Luftrettung einen weiteren unternehmergeführten ITH zu stationieren und luftgebundene Intensivtranporte durchzuführen.
Der von der Bezirksregierung Münster genehmigte ITH stand zeitweise rund um die Uhr nicht nur für innerklinische Transporte im Verbund der Berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken zur Verfügung, der Hubschrauber konnte subsidiär auch von jeder Leitstelle zu Notfalleinsätzen herangezogen werden. Einige, wenige Leitstellen machten davon auch rege Gebrauch.
Die (vorläufige) Bilanz für den “Akkon Bochum 89-1“ ist indes ernüchternd: Wie die JLR auf Anfrage von rth.info mitteilte, wurden seit dem 01.04.2016 insgesamt gut 1.000 Einsätze geflogen. Im letzten Halbjahr (01.01.2020-30.06.2020) sanken die Zahlen dabei auf unter 100.
Wie die Johanniter Luftrettung in ihrer Pressemitteilung vom 15.06.2020 betonte (rth.info berichtete), handele es sich beim nun vollzogenen Rückzug aus Marl nur um einen vorübergehenden und begründete diesen für viele überraschenden Schritt u. a. mit der Covid-19-Pandemie sowie ausstehender Zahlungen seitens der Kostenträger. Unklar blieb, ob die Kostenträger nur für Notfalleinsätze nicht oder nur teilweise zahlten, oder auch für Sekundärtransporte. Laut WDR zeigte sich auch der Kooperationspartner Bergmannsheil von dem plötzlichen Rückzug überrascht. Nach Informationen von rth.info wurden die am Luftrettungsdienst mitwirkenden Notärzte, wie auch die Notfallsanitäter und Rettungsassistenten/TC-HEMS des Johanniter-Regionalverbandes Ruhr-Lippe aber im Vorfeld über diesen für die Johanniter Luftrettung aus finanziellen Gründen notwendigen Schritt informiert.
Auf Anfrage von rth.info betonte Saskia Schimpf, Fachbereichsleiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Landesverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar der JUH: “Die Johanniter Luftrettung hat am 30. Juni den Flugbetrieb am Luftrettungszentrum Bochum zwar vorübergehend eingestellt, die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. ist aber selbstverständlich weiterhin in Nordrhein-Westfalen aktiv. Neben den 16 Kreis- und Regionalverbänden sind die Johanniter zudem auch über den Monatswechsel hinaus in der Luftrettung in Nordrhein-Westfalen unterwegs: Unsere Einsatzmaschinen aus Gießen (24/7/365), Reichelsheim in der Wetterau (Tagflugbetrieb) und vom Nürburgring (Tagflugbetrieb) fliegen regelmäßig Kliniken in NRW an.“
rth.info wird über die weitere Entwicklung der Luftrettung in Nordrhein-Westfalen berichten, wo sich der Erlass „Regelung zum Einsatz von Luftfahrzeugen im Rettungsdienst“ zurzeit in der Überarbeitung befindet.
Nachstehend noch einige Impressionen vom Luftrettungszentrum Bochum der Johanniter Luftrettung und vom Intensivtransporthubschrauber “Akkon Bochum 89-1“:

Großformatige Hinweisschilder auf dem Flugplatz Marl-Loemühle wiesen dem Besucher den Weg zum Luftrettungszentrum Bochum der Johanniter Luftrettung
Foto: Jörn Fries

Wenige Tage nach Betriebsaufnahme konnte der damals noch als “Christoph Bochum“ bezeichnete ITH Mitte April 2016 an seiner neuen provisorischen Homebase aufgenommen werden
Foto: Jörn Fries

Egal ob jung oder alt, die Besatzungen des Marler ITH zeigten ihren Besucherinnen und Besuchern gerne ihr Arbeitsgerät und beantworteten deren Fragen gerne
Foto: Jörn Fries

Anfang Mai 2016 hatte unser Autor erstmals Gelegenheit, die Crew des damaligen ITH “Christoph Bochum“ zu begleiten
Foto: Jörn Fries

Die Einsatzmaschine wurde schon mal ins rechte Licht gerückt
Foto: Jörn Fries

Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz: der ITH “Akkon Bochum 89-1“ wird an seinem Heimatflugplatz wieder aufgetankt
Foto: Jörn Fries

Kurz nach Sonnenaufgang steht der ITH “Akkon Bochum 89-1“ wieder einsatzklar auf seiner Position (Aufnahme aus dem Mai 2017)
Foto: Jörn Fries

Im Kirchentagseinsatz: Die Pferde zeigten keinerlei Scheu vor der rot-weißen Maschine (Lutherstadt Wittenberg im Mai 2017)
Foto: Jörn Fries

Der ITH “Akkon Bochum 89-1“ bei einem Zwischenstopp am Flugplatz Hugo Junkers in Dessau (EDAD)
Foto: Jörn Fries

Zwischenzeitlich war in Marl-Loemühle der Kooperationspartner Rotorflug für die Gestellung der Maschine zuständig (Aufnahme aus dem April 2018)
Foto: Jörn Fries

Seit Ende 2019 war dann wieder Heli-Flight verantwortlich – hier ist die am 30. Juni 2020 eingesetzte “White Lady“ zu sehen
Foto: Jörn Fries
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