Europäische Solidarität: Über 1.000 schwerverletzte und schwerkranke Ukrainer in Deutschland medizinisch behandelt
10.04.2024
Flughafen Köln/Bonn (NRW) :: Seit März 2022 werden angesichts des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs schwerverletzte und schwerkranke Ukrainerinnen und Ukrainer evakuiert und in Deutschland und anderen EU-Staaten medizinisch behandelt. Kürzlich wurde der 1.000. Patient nach Deutschland gebracht, mit Stand vom 12. März 2024 waren es 1.022. Es handelte sich neben 692 Soldatinnen und Soldaten auch um Zivilistinnen und Zivilisten, darunter auch Kinder, wie Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) am 12. März 2024 in einer gleichlautenden Presseinformation mitteilten (siehe Weblinks im Kontextbereich dieser News).
Am 12. März fand am Flughafen Köln/Bonn eine Vorführung einer medizinischen Evakuierung nach dem Kleeblatt-Konzept statt
Foto: Jörn Fries
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EU-weit erfolgten bisher 3.137 Aufnahmen (davon 1.903 Militärangehörige). Damit hat Deutschland weiterhin mit Abstand die meisten verwundeten und schwerkranken Menschen evakuiert. Norwegen hat 369, Polen 310 und Spanien 249 Patienten übernommen. Es überwiegen kriegstypische (Mehrfach-)Verletzungsmuster, wie Schuss-, Explosions- und Sprengverletzungen, Verbrennungen oder der Verlust von Gliedmaßen, so BBK, BMG und BMI in ihrer gemeinsamen Aussendung.
Die Evakuierung und Versorgung von schwerverletzten und schwerkranken Ukrainerinnen und Ukrainern ist ein wesentlicher Baustein der humanitären Unterstützung Deutschlands für die ukrainische Zivilbevölkerung, die unter der unvermindert massiven Brutalität des russischen Angriffskriegs leidet, heißt es weiter.
Bund und Länder greifen dabei auf ihre Erfahrungen in der Corona-Pandemie zurück: Für die Verlegung wird der Kleeblatt-Mechanismus mit seinen fünf Länder-Regionen und dem Lagezentrum im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (kurz: BBK) als dem sechsten Kleeblatt genutzt. Die internationale Koordination erfolgt über das Katastrophenschutzverfahren der Europäischen Union. Zum Einsatz kommen neben umgerüsteten Flugzeugen von Luftwaffe (A310 bzw. A330 Medevac, ggf. auch A400M Medevac) und zivilen Luftfahrtunternehmen (beispielsweise B737 der SAS) für den strategischen Lufttransport für den Weitertransport in geeignete Kliniken Hubschrauber von Heer und zivilen Luftrettungsorganisationen sowie bodengebundene Rettungsmittel von Bundeswehr, Feuerwehren, kommunalen und privaten Rettungsdiensten.
Weitere Hilfeleistungen Deutschlands
Neben der Evakuierung von Schwerverletzten und Schwerkranken leistet Deutschland umfassende weitere humanitäre Unterstützung für die Ukraine. Das BBK koordiniert alle über das EU-Katastrophenschutzverfahren eingehenden Hilfeersuchen. Auch die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) ist in die Unterstützungsmaßnahmen eingebunden. Näheres kann man den verlinkten Pressemitteilungen von BBK, BMG und BMI entnehmen.
Veranstaltung mit Innenministerin Faeser, Gesundheitsminister Lauterbach, EU-Kommissar Lenarcic, ukrainischem Botschafter Makeiev und BBK-Präsident Tiesler am Flughafen Köln/Bonn
Foto: Jörn Fries
Anlässlich der 1.000. Verlegung kamen am 12. März 2024 Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der Europäische Kommissar für Krisenmanagement Janez Lenarcic, der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Oleksii Makeiev, Matthias Heidmeier, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (kurz: MAGS) Nordrhein-Westfalen sowie Vertreterinnen und Vertreter der Regierung Norwegens, der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, sowie Vertreterinnen und Vertreter der großen deutschen Hilfsorganisationen am Flughafen Köln/Bonn zusammen.
Vorführung einer medizinischen Evakuierung nach dem Kleeblatt-Konzept
Das BBK hatte zu einer – aus Sicherheitsgründen kurzfristig anberaumten – Vorführung einer medizinischen Evakuierung am 12. März 2024 an den Flughafen Köln/Bonn – Militärischer Teil eingeladen, an der auch hochrangige Vertreter u. a. aus Deutschland, Norwegen, aus der Ukraine und seitens der Europäischen Union teilnahmen, und der Autor folgte dieser Einladung gerne. Eine endgültige Zusage erfolgte allerdings erst kurz vor der Veranstaltung, da zuvor eine Sicherheitsüberprüfung durch das Bundeskriminalamt erfolgreich gemeistert werden musste.
Journalisten und andere Wegbegleiter mussten draußen bleiben, als die offizielle Delegation den Rettungsflieger besichtigte
Foto: Jörn Fries
Nach einleitenden Worten des BBK-Präsidenten Ralph Tiesler und einer Instruktion durch einen Soldaten der Flugbereitschaft des BMVg ging es auf das Rollfeld, wo neben drei Rettungsfahrzeugen der Feuerwehr Köln und einem Kommandowagen auch eine Boeing 737 der skandinavischen Fluggesellschaft SAS bereit stand, um das inzwischen eingeübte Verfahren der Evakuierung von Patienten aus dem umgebauten Flieger zu demonstrieren. Den teilnehmenden Journalisten, unter ihnen Vertreter der öffentlich-rechtlichen wie der privaten Rundfunksender sowie der schreibenden Zunft, konnte mit Ausnahme eines Kamerateams des Westdeutschen Rundfunks (WDR) – dessen Mitarbeiter ausgerechnet an diesem Tag einen kurzfristig anberaumten Warnstreik durchführten – aus vorgeblichen Platzgründen kein Zugang in das Innere des “Rettungsfliegers“ gewährt werden. So beschränkte sich das Fotografieren auf Gruppenfotos und die simulierte Verlegung, die von Notfallsanitäter-Auszubildenden der Rettungsdienstschule der Feuerwehr Köln durchgeführt wurde.
Angehende Notfallsanitäter demonstrierten die Patientenübernahme ...
Foto: Jörn Fries
... und waren anschließend sichtbar stolz auf das Gezeigte
Foto: Jörn Fries
Die abgestimmten Pressemitteilungen von BBK, BMG und BMI legten hingegen den Fokus auf die Kernaussagen der beiden Grußworte sprechenden Bundesminister Faeser und Lauterbach sowie des Behördenleiters Tiesler.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: “Die medizinische Behandlung von inzwischen mehr als 1.000 schwerverletzten und schwerkranken Ukrainerinnen und Ukrainern in Deutschland ist ein Zeichen unserer starken humanitären Unterstützung – und ein Gebot de
Foto: Jörn Fries
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte: „Seit zwei Jahren sterben durch Putins mörderischen Krieg jeden Tag Menschen in der Ukraine. Viele Soldaten, aber auch viele Menschen in der Zivilbevölkerung erleiden furchtbare Verletzungen. Die schwerverletzten Kinder nach den russischen Raketenangriffen zu sehen, zerreißt uns allen das Herz. Für uns war von Beginn an klar: Wir stehen an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer. Die medizinische Behandlung von inzwischen mehr als 1.000 schwerverletzten und schwerkranken Ukrainern in Deutschland ist ein Zeichen unserer starken humanitären Unterstützung – und ein Gebot der Menschlichkeit. Mein Dank gilt allen Kliniken, Hilfsorganisationen und Behörden, die dies ermöglichen. Unsere Unterstützung für die Ukraine setzen wir mit aller Kraft fort.“
Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. med. Karl Lauterbach: “Deutschland ist stolz darauf, so viele schwerverletzte ukrainische Soldaten hervorragend versorgt zu haben.“
Foto: Jörn Fries
Und Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. med. Karl Lauterbach ergänzte: „Dass bereits 1.000 schwerverletzte ukrainische Patienten in deutschen Kliniken behandelt werden mussten, lässt das unermessliche Leid erahnen, das Putins grausamer Angriffskrieg verursacht. Und es ist Beleg für die perfide Strategie des russischen Präsidenten, auch Krankenhäuser und Gesundheitsinfrastruktur zu zerbomben. Deutschland ist stolz darauf, so viele schwerverletzte ukrainische Soldaten hervorragend versorgt zu haben. Das wird in der Ukraine anerkannt und wird fortgesetzt.“
BBK-Präsident Ralph Tiesler: “Mein Dank gilt allen Beteiligten auf nationaler, aber auch internationaler, operativer, aber auch strategischer Ebene, die dies durch ihren unermüdlichen Einsatz ermöglichen!“
Foto: Jörn Fries
BBK-Präsident Ralph Tiesler verwies auf die Erfolge des in der Coronapandemie-Zeit eingeführten Kleeblatt-Konzeptes und lobte die europäische Zusammenarbeit: „Wir sind hier nations-, organisations- und aufgabenübergreifend versammelt als Zeichen für eine gemeinsame europäische Solidarität und unseren Rückhalt für die Ukraine. Mein Dank gilt allen Beteiligten auf nationaler, aber auch internationaler, operativer, aber auch strategischer Ebene, die dies durch ihren unermüdlichen Einsatz ermöglichen!“
Der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Oleksii Makeiev, dankte für die Unterstützung seines Landes im Abwehrkampf gegen die russische Invasion
Foto: Jörn Fries
Zu den geladenen Gästen zählten auch Vertreter der Hilfsorganisationen ASB, DRK, JUH und MHD
Foto: Jörn Fries
Auch die SAR-Hubschrauber der Bundeswehr sind an den Kleeblatt-Verlegungen beteiligt (hier zu sehen: der “SAR 41“ aus Nörvenich)
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Neben Luftrettungsmitteln kommen auch bodengebundene Rettungsfahrzeuge der Bundeswehr zum Einsatz (hier zu sehen: der ITW “Rettung Koblenz 4/81-1“)
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Autoren
- Wir danken für Unterstützung:
- den Presseteams von BBK und Luftwaffe am Veranstaltungsort
- Quelle(n):
- Pressemitteilung “Europäische Solidarität: 1.022 schwerverletzte und schwerkranke Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland medizinisch behandelt“ des BBK vom 12. März 2024